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Belfasts Aufbruch lohnt den Besuch

2 Mai

2018 – BELFAST – „Woher kommt Ihr“, will der Taxifahrer am Flughafen wissen. Deutschland? Super – „You will like the City!“ Die Belfaster seien freundlich zu fast jedem – außer zu den Engländern. Auch im zwanzigsten Jahr nach Ende des Bürgerkriegs sind die Gräben noch tief, die jahrzehntelange Feindschaft ins Land gezogen haben.

Wer nicht an der Oberfläche kratzt, kann sich jedoch unbeschwert durch die Stadt bewegen. Belfast beherrscht die Kunst, offensiv mit der eigenen blutigen Vergangenheit umzugehen: Zahlreiche Anbieter führen Touren zu den Brennpunkten der Stadt an. Shankhill, Falls, Sandy Row… Wandgemälde zeugen von altem Hass und Gewalt – und sind zugleich wunderschön. Offiziell sind die „Troubles“, die ab Ende der 60er-Jahre die Stadt zeichneten, vorbei. Doch Liebe ist aus dem Waffenstillstand zwischen Loyalisten und Republikanern noch lange nicht erwachsen.

Wandgemälde bei Kelly’s Cellars.

Zwei Welten – eine Stadt

So wie die politischen Gräben verlaufen auch die Unterschiede zwischen Arm und Reich, zwischen sorgloser Touristen-Tour und dem Kampf ums tägliche Überleben: Neben dem schicken Einkaufscenter am Victoria Square sitzt eine Jugendliche an die Mauer eines Hauses gekauert. Schmuddlige Kleidung, verlorener Blick. Eine Ausreißerin, auf der Suche nach einem besseren Leben in der großen Stadt? Nebenan shoppen die, deren Portemonnaie voll ist, sorglos schicke Kleidung, drücken sich übergewichtige Mädchen in schlecht sitzenden Leggins in Fastfood-Tempel, wo Burger nach amerikanischer Art angepriesen werden.

Protestanten und Katholiken, Arm und Reich, Sonne und Regen: Welcome to Belfast. Es ist eine Stadt zwischen viktorianischem Charme und irischer Gelassenheit. Ein idealer Ort für eine Städtereise für alle, denen London zu groß ist und die sich trotzdem nicht langweilen wollen. Das gelingt Nordirlands Hauptstadt spielend.

„Docklands“ und Titanic-Feeling

Hier wurde das wohl berühmteste Passagierschiff aller Zeiten gebaut – großer Jubel, große Katastrophe. Als der Frieden auf Belfasts Straßen einkehrte, begann die Stadt, touristische Konzepte zu entwickeln. Was lag näher, als den immer wiederkehrenden Hype um die 1912 gesunkene Titanic ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken?

Beeindruckend: Das interaktive Museum „Titanic Experience“.

Zum 100. Jahrtag der Katastrophe wurde 2012 ein modernes, interaktives Museum an den Docks errichtet, das seither Besucher aus aller Welt anzieht. Wer sich Zeit lässt, kann hier nicht nur etwas über das Schiff und seine Geschichte erfahren, sondern auch über die Entwicklung der nordirischen Hauptstadt, die einst Zentrum der Flachsverarbeitung war. Einen Spaziergang entfernt liegen das Pumphaus und Titanic-Dock, das einen Eindruck von der Größe des Schiffs vermittelt.

Direkt hinter dem Museum liegt der zweite Besuchermagnet Belfasts: In den Titanic-Studios wird das Fantasy-Epos „Game of Thrones“ gedreht. Längst bieten zahlreiche Anbieter Touren zu den Drehorten an, die in ganz Nordirland verstreut liegen. Das Konzept geht auf: Bis aus Nordamerika, Asien oder Australien reisen „Thronies“ an, um einmal das Schwert zu schwingen wie ihre Helden, um dort zu stehen, wo die Schauspieler ihre kunstblutigen Kämpfe ausfechten. Atemberaubende Landschaften, malerische Höhlen, Schlösser und Bäume liefern den Beweis, dass es für die Serie keine schönere Kulisse geben könnte als den rauen Nordzipfel der irischen Insel (siehe extra Artikel).

Bekannteste Produktion aus den „Titanic Studios“ in Belfast dürfte das Fantasy-Epos „Game of Thrones“ sein, dessen finale Staffel derzeit dort produziert wird.

Belfast hat für alle etwas zu bieten: für Frühaufsteher, für Nachtschwärmer, für Kunstbeflissene, für Menschen, die sich einfach nur durch die Stadt treiben lassen wollen.

Zeitgeschichte spannend erzählt

Und sollte das Wetter einmal nicht so gut sein (was in Nordirland eher die Regel als die Ausnahme sein könnte), drängt sich ein Besuch im Ulster-Museum geradezu auf: Eintritt frei! Auf mehreren, verschachtelt angeordneten Stockwerken kann man hier der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Belfasts und Nordirlands nachspüren – und darüber hinaus. Das reicht von riesigen Saurierskeletten über eine echte ägyptische Mumie, Kunst und ausgestopfte Tiere bis hin zum rund 77 Meter langen Wandteppich, der die Geschichte des Fantasy-Epos „Game of Thrones“ in handgewebten Bildern erzählt.

Im Ulster-Museum kann man mehr über die Hintergründe und Folgen der „Troubles“ erfahren.

Beeindruckend ist die Abteilung, die sich mit den „Troubles“ beschäftigt und anhand von Einzelschicksalen das ganze Elend des Bürgerkriegs verdeutlicht und persönlich macht. Wer die Ausstellung in Ruhe erkundet, versteht, warum es noch viele Jahre dauern wird, bis die Menschen in diesem Land die blutigen Zeiten verarbeitet haben werden. Das Museum liegt im Botanischen Garten der Stadt und ist umgeben von blühenden Gartenanlagen.

Quasi in direkter Nachbarschaft liegt das „Palm House“, in dessen tropischen Temperaturen exotische Pflanzen gedeihen und schon im frühen April Narzissen, Osterglocken und weitere Frühlingsblumen einen betörenden Duft verströmen. „Mummy, it smells so good“, ruft denn auch ein kleines Mädchen beim Betreten des imposanten Baus. Erst im April nach einer gründlichen Renovierung wiedereröffnet hat die „Tropische Schlucht“ („Tropical Ravine“), ein Gebäude, unterteilt in eine tropische und eine subtropische Zone. Hier gibt es einen Wasserfall, man kann probeschnuppern an Gefäßen mit Kakao oder Kaffee – ein Fest für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Bei Sonnenschein laden Parkbänke und Rasenflächen in der Gartenanlage zum Spazierengehen und Verweilen ein,

Belfasts grüne Lunge: die Botanic Gardens mit dem Palmhaus aus dem 19. Jahrhundert.

und mit etwas Glück bekommt man die grauen Eichhörnchen zu Gesicht, die an den großen alten Bäumen auf- und abflitzen.

Unterwegs im „London Cab“

In Belfast gibt es keine U- oder S-Bahn. Dafür ist das Busnetz sehr gut ausgebaut, allerdings muss man meist umsteigen, wenn man in ein anderes Stadtviertel will. Wer Zeit hat, geht zu Fuß – und wer’s bequem will, leistet sich eine Fahrt mit einem der rund 1000 Taxis in der Stadt. Entweder man bestellt sich telefonisch eins bei einer der größeren Gesellschaften („Value Cabs“/“Fonacab“), oder man steigt in eins der an mehreren Stellen in der Stadt geparkten „London Cabs“, die berühmten schwarzen City-Taxis aus der britischen Hauptstadt, die während der „Troubles“ dafür sorgten, dass der öffentliche Verkehr in Belfast überhaupt aufrecht erhalten werden konnte. Mittlerweile sind einige dieser Autos in bunten Farben bemalt, sodass sie sich vom englischen Vorbild quasi emanzipiert haben. Taxifahren ist günstig, vor allem, wenn sich vier oder fünf Personen eins teilen (für umgerechnet rund zehn Euro kommt man meist durch die Stadt) und macht Spaß, denn die Fahrer sind auskunftsfreudig und geben gerne auch gute Tipps, was man unternehmen kann.

Pub-Besuch ist fast schon Pflicht

Das betrifft auch die Abendgestaltung. „Go to Kelly’s Cellars„, empfiehlt ein gut gelaunter alter Ire und verspricht Livemusik und tolle Atmosphäre. Der Pub, einer der ältesten in Belfast, hält das Versprochene. Von außen unspektakulär in der Nachbarschaft des modernen „Castle Court“-Einkaufscenters gelegen, entpuppt er sich im Innern als urige Location mit schweren dunklen Holztischen und einer Decken-Deko aus Pfannen und Töpfen. Dazu gibt’s irische Folkmusik, wahlweise aus Lautsprechern oder live, je nach dem Zeitpunkt des Besuchs.

Guter Tipp für einen Pub-Besuch: „Kelly’s Cellars“ bietet original irisches Ambiente.

Ebenfalls einen Abstecher wert ist der „Crown Liquor Saloon“ in der Nähe der Großen Oper. Dieser Pub erstrahlt nach einer Renovierung durch den „National Trust“ in den 80er-Jahren in neuem viktorianischen Glanz. Hier gibt es sogenannte „Snugs“, abgetrennte Sitzabteile, in die man sich zurückziehen kann.

Belfast blüht auf, und die Stadt – nein, ganz Nordirland – hat es verdient. Die Zeiger sind in Richtung Zukunft gerichtet, die Touristen kommen, und sie dürften nicht enttäuscht sein. Nun fehlt nur noch eine bessere Anbindung durch Direktflüge aus Deutschland. Hier fehlt es noch; die Anreise muss entweder mittels Umsteigeverbindung über Großbritannien oder Amsterdam erfolgen oder via Flug nach Dublin, von wo aus es dann mit Bus, Bahn oder Leihwagen weiter geht. Wer dies in Kauf nimmt, wird belohnt mit einer unverbrauchten, Besuchern offen stehenden Stadt. (bb)

Das andere Mallorca

2 Okt

Müde schlappen die jungen Männer in ihren Flip-Flops über die Straße Richtung Meer. Es ist 10.30 Uhr vormittags, und der Hangover der vergangenen Partynacht ist ihnen noch deutlich anzusehen. Vor den Hotelburgen in der zweiten und dritten Strandreihe warten einige Touristen auf ihren Transferbus zum Flughafen – lederbraun gebrannt, die Frauen mit blondiertem Haar, die Männer mit grauem Schnauzbart, in T-Shirt und Shorts.

Willkommen am Ballermann. Man spricht Deutsch, das Angebot der Fressbuden zwischen den Hotels umfasst Weißbier, Grillwurst und Jägerschnitzel. Die pseudoantike Fassade des Mega-Parks prollt wie die Goldkettchen diverser gealterter Partygänger, an der Open-Air-Bar einer Kneipe trinken vereinzelte Urlauber das erste Bier des Tages. Malle ist nur einmal im Jahr – oder wie war das?

„Das ist ein anderes Mallorca“, sagt Maria Magdalena, die Vermieterin unserer Finca. Wahrlich: Hotels sind hier, im Herzen der Insel, fast keine zu finden. Schon gar nicht in Montuiri. Der ländlich geprägte Ort liegt nur 25 Fahrminuten vom Flughafen Palma entfernt – und doch ist dies eine ganz andere Welt als die der Platja de Palma. Son Costa heißt unser Zuhause für eine Woche. Das Anwesen hat 300 Jahre mallorquinische Geschichte gesehen und strahlt selbst Geschichte aus, angefangen bei der langen Zufahrt bis zum großen Holztor, hinter dem sich ein Innenhof verbirgt, gepflastert mit groben Steinen und begrenzt von lauschigen Plätzchen zum Verweilen. Eine Treppe führt am tiefen Brunnen vorbei zur Terrasse im ersten Stock, eine andere zum Eingang ins Hauptgebäude.

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Treppen aus Stein, zum Haus und im Haus. Fast jedes Zimmer ist auf einer anderen Ebene, manche Räume haben keine richtigen Fenster, nur kleine Oberlichter in der hohen Decke. Die Bäder sind gefliest mit traditionellen Keramikplättchen, überall finden sich Zeugnisse der Vergangenheit: alte Möbel, Holzregale, die sich unter der Last der Zeit krümmen, Porzellan, Keramik, Bilder, Gebrauchsgegenstände, Zierrat und mehr. Son Costa erinnert mehr an eine kleine Raubritterburg als an das landwirtschaftliche Anwesen, das es einst war. Hier wurden Oliven zu wertvollem Öl gepresst, und noch heute wird der rückwärtige Teil des Geländes als Bauernhof genutzt.

Neu ist der große Pool, der sich in einem separaten Teil des Gartens befindet, verborgen hinter dicken Steinmauern, auf denen sich Eidechsen wohlfühlen, bewachsen mit Bougainvilleen und umrankt von Efeu, umgeben von Stein und hohen Hecken, hinter denen gelegentlich ein Hund kläfft. Er ruft nach dem Esel. Truc heißt das vier Jahre alte Langohr, das am Ende des Gartens neben dem Feigenbaum am Holzzaun steht und sich freut, wenn der menschliche Besuch vorbeischaut und ihm ein paar Streicheleinheiten verpasst. Hohe Palmen und ein großer Steinturm zieren den großen, grünen Garten, der Ausblick von der Terrasse im ersten Stock zeigt, wie vielseitig und schön die Landschaft ist.

In der Küche dominieren der große dunkle Holztisch, viele traditionelle Keramikschüsseln und -krüge und natürlich das riesige steinerne Spülbecken unter dem Fenster mit den grünen Holzläden. Der Fliesenboden ist alt und birgt, wie das ganze Haus, einen ganz besonderen Charme.

Das andere Mallorca – in der Tat. Der Teil der Insel, wo Zitronen- und Orangenbäume wachsen, ganz zu schweigen von den großen Olivenhainen, und wo man sich für einen kleinen Snack nicht an den Kühlschrank begibt, sondern frische Feigen direkt vom Baum nascht – unglaublich saftig und süß, eine besser als die andere. Ein Landstrich, wo kleine und auch größere Orte in einem Farbton gestrichen zu sein scheinen, einem hellen Gelbbraun. Wo die Zeit jetzt, Ende September, ein bisschen langsamer vergeht als im Hochsommer.

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In Sineu – dem geografischen Mittelpunkt der Baleareninsel – drücken sich die Touristen auf dem großen Wochenmarkt am Mittwochvormittag wie die Heringe in der Büchse zwischen den Ständen hindurch. Kleidung, Leder, Keramik, lange Schnüre mit bunten Peperoni, regionale Lebensmittel vom berühmten Salz des Es Trenc über die würzige Sopresada, eine mit Paprika gewürzte Wurst, hervorragende Weine und leckeren menorquinischen Käse, aber auch Billigschund made in China: alles wird angeboten, was Auge und Herz des Urlaubers begehren. Nur zwei Tage später, an einem Freitagnachmittag, scheint die Innenstadt am Fuße der schönen Kirche verwaist. Ein paar Einheimische trinken Kaffee in der Bar am Marktplatz, ein Touristenpärchen stattet dem Gotteshaus einen Besuch ab. Nicht mal ein Hund kreuzt den Weg, wo zwei Tage zuvor noch tausende Menschen in dichtem Gedränge verweilten.

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Nahe Montuiri liegt die größte Ausgrabungsstätte der talaiotischen Kultur, steinerne Zeugen mächtiger Bauten aus längst vergangener Zeit, Jahrhunderte vor Christus. Wer ein bisschen Muse mitbringt, kann hier, im Herzen der Insel, etwas über die Menschen erfahren, die sich an dieser Stelle vor mehr als 2500 Jahren ansiedelten, die das römische Reich kommen und gehen sahen – und irgendwann wieder vom Bildschirm der Geschichte verschwanden.

Nicht ganz so weit in die Vergangenheit reist man auf Es Calderers, einem Landgut mallorquinischen Adels, das außerhalb des kleinen Fleckens San Joan auf einer Anhöhe liegt und gegen das nötige Kleingeld zum Besuch einlädt. Dieser lohnt sich. Das Anwesen führt den Besucher in eine Zeit zurück, in welcher der Herr von Adel mit der Feder Briefe an seinem hölzernen Sekretär schrieb und Gleichgesinnte zu tiefsinnigen Gesprächen in die Sitzecke seines Arbeitszimmers lud, während die Dame des Hauses die Tage mit Klavierspielen oder Näharbeit verbrachte. Liebevoll gedeckte Tische mit Kristallkelchen, Musikzimmer und Schlafgemache laden zum Entdecken ein. Im Innenhof des Haupthauses lässt es sich wunderbar verweilen zwischen üppigem Grün am Goldfischbecken.

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Auch der Garten des Anwesens ist einen Besuch wert. Große Wasserbecken mit Wasserspeiern, lauschige Sitzplätze unter schattigen Bäumen mit Ausblick auf die umgebende Landschaft, Stallungen mit Tieren vom Huhn über schwarze Schweine, Ziegen und Schafe bis zum Rind sowie Pferdekoppeln zeugen davon, worauf der Adel in früheren Zeiten seinen Wohlstand baute. Wer mag, kann im Weinkeller ein Schlückchen „Vin dolc“ probieren – und Kostproben der hauseigenen und anderer mallorquinischer Produkte als Souvenir mitnehmen.

Son Costa liegt zentral auf der Insel – und dennoch sind es bis zur Küste nicht einmal 40 Autominuten. Zum Beispiel ganz in den Süden: Vom Leuchtturm beim Cap Ses Salines ist es ein rund 20 Minuten dauernder Spaziergang auf dem Küstenpfad bis zum Platja Escaragol, dem Schneckenstrand. Keine Imbissbude weit und breit, kein Hotel verbaut den Blick ins anschließende Naturschutzgebiet. Es gibt nur Dünen, Sand – und Meer, das in verschiedenen Farbtönen schillert. Nur wenige Kilometer weiter erstreckt sich der berühmte Strand „Es Trenc“ an der Südküste Richtung Palma. Dort liegen die Besucher im Sommer Handtuch an Handtuch, während sich die Sonnenhungrigen am Schneckenstrand ihr Plätzchen aussuchen können.

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Ebenfalls unbewirtschaftet und nicht gerade leicht zu finden sind die beiden Buchten Cala s’Almunia und Calos des Moro im Osten Mallorcas. Die winzigen Strände sind naturbelassen und verbunden mit einem Abstieg über 100 Treppenstufen. An deren Fuß steht der Entdecker an der zauberhaften Cala s’Almunia: rechter Hand liegt ein kleiner Strand, linker Hand eine kleine Ansammlung pittoresker Fischerhäuschen, die die Bucht umsäumen. Hier ist das Wasser glasklar und hell, denn auf dem Sandboden reflektiert das Wasser die Sonne. Wer baden möchte, legt seine Kleidung und das Handtuch einfach auf den Bootsslips ab – sollte ein Gefährt zu Wasser gelassen werden, muss man eben seinen Platz räumen. Der Einstieg ins Meer ist verbunden mit einem äußerst rutschigen Zugang über die glitschigen Holz- und Steinbohlen.

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Oberhalb der Häuschen führt ein Pfad durch die Natur auf die andere Seite des Buckels. Dort liegt sie, die vermutlich meistfotografierte Bucht Mallorcas. Die Calos des Moro mit ihrem Miniaturstrand ziert zahlreiche Buchcover und Magazine über die Baleareninsel. Weißer Sand, pittoreske Felsen, eine rote Sandsteinwand und karibisches Wasser: so sehen Urlauberträume aus. Leider sind es nicht gerade wenige Besucher, die den steilen Abstieg in die Bucht wagen. Mit Kind und Kegel, Sonnenschirm und Rucksackvesper erobern sie schon am frühen Morgen den Strand, und spätestens kurz nach 10 Uhr ist auch Ende September alles voll: Handtuch liegt an Handtuch, junge barbusige Frauen filmen sich munter mit Mobiltelefon und Selfiestick im klaren Wasser, besorgte Väter spannen in der Brandung Sonnenschirme auf, um ihren Nachwuchs beim Planschen und Sandburgen bauen vor dem Himmelsgestirn zu schützen. Zeit, zu gehen. Das Gelände oberhalb der Bucht, das sich in Privatbesitz befindet, lädt zu einer kleinen Exkursion ein, die auch herrliche Aussichten über das Meer bietet.

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Noch immer kann man an der Ostküste Mallorcas hübsche Buchten finden, die nicht komplett überlaufen und von Hotelburgen zugebaut sind. Die Cala Murada beispielsweise hat sich ihren Charme erhalten. Auch sie wird gesäumt von Apartmentanlagen, doch diese schmiegen sich gefällig in die Landschaft, ohne groß zu stören. In der Strandbar gibt es Tapas, wer mag, kann sich am Wasser wahlweise Liegestühle und Strandschirm leihen oder es sich auf seinem eigenen Handtuch bequem machen.

Einen Abstecher wert ist auch die Cala Figuera. Hier gibt es zwar keinen Strand, doch Mutige können sich von hohen Felsen ins Meer stürzen. Wie ein kleiner Fjord frisst sich das Mittelmeer hier ins Festland; von den Terrassen der am Hang gelegenen Restaurants kann man hübsche Segelboote beim Ein- und Auslaufen beobachten.

Am Ende des Tages wartet Son Costa auf seine Bewohner. Hier in Montuiri, wo die Uhren ein bisschen langsamer ticken. „Ein anderes Mallorca“, sagt Maria Magdalena. Sie hat recht. Es ist das Mallorca, das wir gesucht und gefunden haben.

Vier Tage, drei Nächte – Teil 3: Das Paradies bei Sirmione

19 Jun

Traum und Albtraum liegen nahe beieinander in Sirmione, jener Halbinsel im äußersten Süden des Gardasees, welche die Sehnsüchte von Italien-Urlaubern in sich zu vereinen scheint: Kristallklares Wasser, eine schmale Landzunge mit herrlichem Panoramablick zu beiden Seiten, die sich zum Ende hin anhebt und verbreitert und mit einer wunderbaren Altstadt versehen ist. Der Albtraum liegt darin, dass Sirmione zu erfolgreich ist: Tausende Touristen befahren die Landzunge; die Hotels, die zur Linken und zur Rechten liegen, ersticken fast in Abgasen, auf den Fußgängerwegen ist teils kein Durchkommen mehr.

Zum Glück haben die Behörden ein Einsehen und verwehren den Tagestouristen den Zugang zur Altstadt zumindest für den mobilen Untersatz – dieser muss draußen auf dem Sammelparkplatz bleiben. Wer allerdings innerhalb der Stadtmauern wohnt, sieht sich gezwungen, auf den engen Gässchen einen Straßenkampf mit den Fußgängern auszufechten – die Einheimischen etwas forscher, die Besucher zaghaft und mit Panik in den Augen. Quirlige Gässchen, Straßenmusik, Restaurants, Andenkenläden und Eisdielen perfektionieren das Italo-Feeling. Apropos Eisdielen: Die Portionen, die dort ausgegeben werden, sind kaum zu schaffen und ersetzen einen Mahlzeit.

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Auf langen Stegen ins Wasser liegen die Ausflügler und genießen bis in die Abendstunden hinein das warme Juniwetter, im warmen, schwefelhaltigen Thermalwasser, das aus den Quellen um den Inselkopf strömt, planschen Kinder und Erwachsene. Auch die alten Römer wussten das Thermalwasser und die tolle Lage zu schätzen: Am äußersten Nordrand der Insel, an deren höchster Erhebung, kann man heute noch die monumentalen Überreste der „Grotten des Catull“ besichtigen, welche eine riesige Fläche unterhöhlen und die heute teils von Olivenhainen bewachsen sind.

Übernachten auf der Halbinsel? Zu hektisch. Doch ein Glück: Es gibt sie tatsächlich, diese von Menschenhand geschaffenen Orte, die nahezu perfekt sind. Ein solcher liegt einige Kilometer südlich von Simione. Hier haben sich Roberto und Paolo ein kleines Hideaway geschaffen, das sie mit maximal zwölf Gästen in ihrem sechs Zimmer umfassenden Bed & Breakfast teilen.

Doremi lautet der Name des kleinen Anwesens, das die Besitzer vor etwa einem Jahr südlich von Sirmione eröffnet haben. Wer den Rückzugsort vom Alltag betritt, tut dies durch ein großes schmiedeeisernes Tor, das sich auf Eingabe der Zahlenkombination öffnet. Dahinter liegt ein Paradies, das nur einen klitzekleinen Haken hat: Es liegt nah an der Straße – und daher kann man die Autos im von hohen Bäumen und Blühpflanzen umgebenen Garten auch ein wenig hören. Ein kleines Manko, verglichen mit dem, was das Doremi zu bieten hat.

Das Konzept ist durchdacht: Im Herz der Anlage befindet sich der große Pool, schön geschwungen und so unmerklich, aber gewollt in zwei Zonen unterteilt. Darum gruppieren sich mediterrane Pflanzen, Sonnenliegen, Hängematten und -sessel. Ein lieblicher Blumenduft liegt in der Luft. Hier gibt es keinen Kampf um die Liege, denn es sind genauso viele da, wie das B & B Besucher aufnimmt. Ein Teil der Terrasse ist überdacht, geschwungen, elegant, offen, mit großzügigen Sitz- und Liegeflächen, streng im Farbkonzept Schwarz-Weiß gestaltet, mit liebevoll selbst designten Zierkissen mit dem glitzernden Stickwerk „Doremi“.

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Den Namen verdankt das Doremi der Musikleidenschaft seiner Besitzer. Roberto und Paolo spielen zwar nicht selbst, haben aber ihr Herz an die schönen Töne verloren, und das spiegelt sich auch in der Gestaltung der Räumlichkeiten. Im Frühstücksraum glänzt ein schwarzer Flügel, an den Wänden hängen Schallplatten und Gitarren, das „Bitte nicht stören“-Schild ist eine beschriebene CD. Edle Materialien, sorgfältig ausgewählte Dekorationsartikel, eine konsequente, bis ins letzte Detail durchdachte Stillinie überzeugen und machen den Aufenthalt zu etwas Besonderen.

Dazu gehört auch die Begrüßung durch Roberto, der zunächst Espresso und Pralinen serviert – Check-in ist da erstmal nebensächlich. Die Wahl zwischen dem Zimmer zur Poolseite und dem Zimmer zur Gartenseite fällt nicht leicht, doch eindeutig zugunsten des Gartens aus. Der Blick geht auf Hecken und Hügel, Verkehr ist hier kaum zu hören – die gut isolierten Türen und Fenster tun ein Übriges.

Die vier Zimmer gruppieren sich um den Frühstücksraum, eine Wendeltreppe führt hinab in einen Fitnessbereich, mit dem nicht einmal Top-Hotels mithalten können. Muskelfreunde und Ausdauerenthusiasten finden alles, was das Herz begeht, bis hin zu einer kleinen Sauna und einer gemauerten Dusch-Schnecke, das Ganze wird durch liebevolle Dekoration konsequent im Motto „Musik“ umrahmt.

Aber eigentlich will man lieber am Pool relaxen – oder darin. Geschwungen, mit gemauerten kleinen Tritten an mehreren Stellen im Becken, die einen Ausstieg ermöglichen, mit Wassermatratzen und wunderschönen blauen Mosaiksteinchen lädt er zum Erfrischen ein. Im Gebüsch neben dem Pool entdeckt der Gast zunächst einen halben Salatkopf – und dann eine Schildkröte, die den Besucher neugierig beäugt. Es gibt viel zu entdecken. So auch das Goldfischbecken mit den kapitalen Kois, die schmiedeeiserne Sitzecke, viele kleine Nischen, Sichtachsen, Durchblicke und Hingucker.

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Am Morgen erwartet Roberto die Gäste. „Breakfast?“, lautet die Frage. Ja! Gerne! Und was für eins. Das Büffet ist angerichtet – auf dem schwarzen Flügel, und es lockt wie die Musik. Keine ermüdende Auswahl an Produkten, sondern die kleine, feine und sehr persönliche Auswahl: je eine Sorte Käse und Wurst, ansprechend dekoriert unter einer gläsernen Glocke, hausgemachte Kuchen, Croissants, Brötchen, Butter und Marmelade, dazu frisches Obst, Kaffee aus der Presskanne – was will man mehr?

Vielleicht noch einen Tag länger bleiben. Oder wiederkommen. Denn das Doremi ist wirklich ein kleines, feines Paradies. (bb)

Vier Tage, drei Nächte: Einmal wohnen wie Sissi

16 Jun

IMG_9001Vier Tage, drei Nächte Italien – und jeden Tag an einem anderen Ort. Klingt nach Stress? Ist es aber nicht! Im Gegenteil. Die Kinder sind groß und hüten daheim das Haus und die Katze, man ist nicht mehr an die Schulferien gebunden, und die Lust, wieder einmal etwas spontaner zu reisen, ist groß. Ein Blick auf die Wetterkarte offenbart: Im Radius von 500 Kilometern ist das Wetter auch nicht besser. Und jetzt?

Ganz einfach: Man bucht spontan, für eine Nacht und ein Hotel mit Hallenbad und Wellnessbereich. Dann kann einem das Wetter eigentlich wurscht sein. Erste Station der Reise wird so das Grand Hotel Imperial am Lago di Levico im im oberitalienischen Trentino. Mit seinem großen Bruder, dem Lago di Caldonazzo, ist er der wärmste See Norditaliens, wärmer noch als der Gardasee.

Levico Terme, der beschauliche Kurort am gleichnamigen See, ist eine Reise wert – das Grand Hotel Imperial, direkt am riesigen Thermenpark gelegen, ebenfalls. Sich einmal wie Kaiserin Sissi fühlen – schwelgen in Schnörkeln und Kitsch, gediegene Dekadenz genießen: Ein Mädchen-Traum, für den auch noch ältere Semester anfällig sind. Selbst eher nüchtern veranlagte Damen fallen auf den Charme der KuK-Zeiten herein – wie auch die Verfasserin dieser Zeilen.

Perfektionisten sind fehl am Platz: Die weiß gestrichene Holzfensterbank im Bad wellt sich – vermutlich Folge vieler heißer Sommer, in denen die Sonne durchs Fenster brannte. Auch die Halterung der großzügigen Jacuzzi-Badewanne geht ein wenig aus dem Leim, und das Echtholzparkett in der Suite weist einige Kratzer auf. Wie gesagt: Perfektionisten finden sicherlich einiges zu mäkeln.

Wer über die winzigen Kleinigkeiten hinwegschaut und sich selbst verinnerlicht, dass ja auch der Mensch nicht perfekt ist, wird dies auch bei einem Hotel mit einem Augenzwinkern hinnehmen und genießen. Das Grand Hotel Imperial in Levico Terme lädt dazu ein, einmal Prinz und Prinzessin zu spielen, und die Kritiken sind gut. Angefangen beim Holzbau des Torhauses, das der Besucher passiert, die großzügige Zufahrt, das imposante Haus im Zuckerbäckerstil, perfekt abgerundet durch einen riesigen umgebenden Park samt Wasserfontäne, Rosenbüschen und Arkaden, die mit wildem Wein überwachsen sind – die Kulisse ist perfekt, bis hin zu dem weißen Maserati, der hinter einem Porsche vor dem Haupteingang parkt, um Gepäck zu verladen.

Erst im März wiedereröffnet, ist sich das Grand Hotel durchaus seiner Aufgabe bewusst, ein Stück (Film-) Geschichte zum Leben zu erwecken und die Illusion der adeligen Sommerfrische zur Jahrhundertwende um 1900 zu erschaffen. Der Besucher, der normalerweise eher touristisch orientierte Hotels aufsucht, ist beeindruckt. Überaus freundliches Empfangspersonal informiert, lächelt – und händigt einem den Zimmerschlüssel aus. Jawohl, in diesem Vier-Sterne-Haus gibt es noch echte Schlüssel mit schwerem Messing-Anhänger, keine Plastik-Chipkarte. Das gute Stück passt zur Tür Nummer 202 im zweiten Stock, zu der man allerdings recht neuzeitlich im modernen Lift gelangt, und hinter ihr verbirgt sich eine sogenannte Junior-Suite, auf deren generösen 30 Quadratmetern sich unter gewölbten, mit Lüftelmalerei verzierten Decken und Durchgangsbögen ein breites Holzbett, eine Chaiselounge, ein Schminktisch mit Marmorplatte, eine Sitzecke, ein Sekretär, mehrere Kommoden und Schränke zu einem harmonischen Ganzen verbinden. Drapierte Vorhänge verschönern die raumhohen Fenster, im Bad warten neben einem Waschbecken mit getrennten Warm- und Kaltwasserhähnen ein modernes WC, ein Bidet und – der Clou – eine Jacuzzi-Badewanne mit integrierter Duschkabine.

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Spätestens jetzt weiß der Gast: Er ist Kaiser Franz – oder dessen Gemahlin Sissi. Die Zimmer gruppieren sich um mehrere Gänge und ein Atrium, in dem ein Brunnen, riesige Grünpflanzen, Sitzgrüppchen und ein Glasdach für eine ganz besondere Atmosphäre sorgen. Auf jedem Stockwerk gibt es Aufenthaltsräume, eingedeckt mit Geschirr, Gläsern und teils mit Champagnerflaschen in riesigen Kühlern, dekoriert mit Bilder-Staffeleien und – als schönste Zier – dem Ausblick auf den Park und die mächtige Bergwelt der Dolomiten.

Leider hängen zum Zeitpunkt des Besuches dicke Regenwolken über dem Trentino, jenem Teil des italienischen Gebirges, der sich zwischen Südtirol und Gardasee befindet und der von den deutschen Touristen nur zu gerne quasi links liegengelassen wird. Schade eigentlich, denn mit dem Lago di Caldonazzo und seinem kleinen Bruder, dem Lago di Levico, verpassen die Durchreisenden zwei entzückende Gewässer, die dazu noch die wärmsten in ganz Norditalien sind. Nicht mal der Gardasee kann da mithalten.

Wer im Grand Hotel Imperial einbucht, den braucht der Regen allerdings nicht zu schrecken. Bei allem kaiserlichen Charma hat man daran gedacht, dass der Tourist 2016 Wert auf Wellness legt, und die wird auch angeboten. Dazu kommen ein großzügiges Hallenbad mit Whirlpool, beheizt auf mehr als 30 Grad, und eine Saunaabteilung für Verfrorene und Wanderrückkehrer. Draußen, unter den Regentropfen, warten einsame Terrassen vor dem Restaurant und am Pool auf Passanten. Saftiges Grün umgibt sie, Rosen in vielen Farben, Laubengänge, hohe Bäume – und ein Außenschwimmbad, das mehr als nur eine Pfütze zur Abkühlung ist. Mit nackten Füssen macht sich die geübte Schwimmerin durch den Regen im hauseigenen Bademantel auf den Weg über den geteerten Weg hinauf zum Wasserbecken – nass ist sie eh schon – und gleitet ins kühle Nass. Nebel hängt zwischen den Bäumen, zwischen den Wolken erkennt man schemenhaft das Gebirge, das bei sonnnigerem Wetter sicherlich eine imposante Naturkulisse bietet. Die Vögel singen trotzdem, die Blumen blühen. Einsam zieht man seine Runden, während der Regen noch eine Schippe drauflegt. Die Poolbar bleibt geschlossen… Nach einer Weile geht es zurück ins Hallenbad, wo wohlig warmes Wasser einen umfängt.

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Nach einer Nacht im großen Holzbett erwartet ein solides Frühstücksbüffet den Gast. Am Nebentisch sitzen zwei Motorradfahrer, die am Vorabend Schutz vor den Regenfällen gesucht und gefunden haben. Im Grand Hotel treffen sie sich eben alle: die Reichen, die Schnäppchenjäger, die Zufallstouristen…

Die Sonne hat Erbarmen und schiebt die Wolken beiseite. Es wird warm. Nach dem Auschecken aus dem Hotel ist dann doch noch ein Besuch am Lago di Levico fällig. Am öffentlichen Strand sonnen sich die ersten Muttis mit ihren kleinen Kindern, die vergnügt im Uferbereich planschen. Eine Horde Teenager erobert das Wasser, nicht ohne sich gegenseitig nasszuspritzen und dabei fröhlich zu kreischen. Die saftig grüne Liegewiese lädt zum Verweilen ein. Wer’s gerne noch komfortabler möchte, kann gegen Eintritt ins nebenan gelegene Strandbad, das dann auch einen Sprungturm bietet.

Doch Norditalien hat noch mehr zu bieten. Vor dem Checkout im Grand Hotel hat man noch schnell die Wettervorhersage eingeholt: Sonne bei 26 Grad. Damit ist klar: Es geht an den Gardasee, Richtung Sirmione. Was es dort zu sehen gibt? (bb) Fortsetzung folgt…

 

Die Übernachtung im Grand Hotel Imperial kostete für zwei Personen in der Junior-Suite inklusive Frühstück als Last-Minute-Angebot 71 Euro, also rund die Hälfte des regulären Preises. Gebucht wurde der Aufenthalt einen Tag vor der Anreise.

Menorca macht süchtig

11 Jun

MenorcaWillkommen in den 70ern. Das könnte das Motto Menorcas sein. Der überwiegende Teil der Urlauber hier sind Briten, dazu kommen Deutsche, Spanier und Italiener. Aber die Briten haben die Insel geprägt – und leider auch das Essen. Allererste Sahne hingegen ist die grandiose Natur, die Erholungssuchende auf dem Eiland vorfinden.

Vier Tage Menorca – reicht das, um die zweitgrößte Insel der Balearen kennenzulernen? Die Antwort lautet: nein. Zum Glück. Denn Menorca macht süchtig, und wer noch nicht alles gesehen hat, hat einen Grund, wiederzukommen. Doch der Reihe nach…

zufahrtVom dösigen Inselflughafen Mahon geht es im Mietwagen hinaus auf Menorcas Straßen. Das Ziel heißt Punta Prima und liegt im äußersten Südosten der Insel. Der Ort hat seinen Namen aufgrund der Tatsache erhalten, dass hier die Sonne als erstes in ganz Spanien aufgeht. Dem Touristen, der das erste Mal in diese Gegend kommt, geht hingegen schlicht und einfach das Herz auf, wenn er über die letzte Hügelkuppe fährt und das verschlafene Nest vor sich liegen sieht – in der Ferne lockt azurblaues Wasser, auf dem weiße Segelboote wie auf einem impressionistischen Gemälde arrangiert sind. Vorgelagert ist auch die „Ille des Aires“, die Insel der Winde. Hier leben sehr seltene schwarze Salamander; das Naturschutzgebiet darf nur mit dem Kanu angefahren werden.

100_2026Das Xaloc Playa ist ein Hotel, das quasi in Pole Position zum Strand liegt. Nur eine kleine Anliegerstraße trennt das Grundstück von weißem Karibikstrand und in unterschiedlichen Blautönen schillerndem, glasklarem Wasser. Die Anlage selbst ist kreisförmig um den großen Garten mit Pool, Minigolfanlage und Billard angelegt. Alles scheint in der Hitze des Tages zu schlafen; mühsam drehen sich die Körper der Hotelgäste auf den Sonnenliegen am Pool.

Prima Punta. Manche würden sagen: Hier ist der Hund begraben. Andere sagen: Das ist das Paradies. Traumstrand vor der Haustür, trotz Hitzewelle und Wochenende niemals überlaufen, Wasser karibisch glasklar, Sand puderzuckerweiß. In diesem Ort gibt es keine Zigaretten. Wer Tabakwaren will, muss nach Saint Lluis fahren, das ist rund 6 km entfernt. Auch am Strand müssen Raucher aufpassen – es gibt ein Gestell mit eistütenförmigen Plastikbehältern, die Raucher mit an den Strand nehmen müssen, um Asche und Kippen reinzuschmeißen. So bleibt der Strand wunderbar sauber.

Den Hang hinauf ziehen sich verschlafen die weißen Häuser; Hauptattraktion des Orts ist der alle paar Tage stattfindende „Markt“ mit Hippie-Schmuck, Pareos und Lederwaren. Fünf Stände, 50 Meter – das war’s. Idylle pur. Bis 21 Uhr. Dann quäkt im Touri-Bunker 50 Meter vom Xaloc Playa entfernt der DJ-Chef-Animateur zur Kinderdisco und dem anschließenden Stimmungsabend mit Bumm-Bumm-Musik und nervigem Gekreische los. Das geht allabendlich bis 23 oder 23.30 Uhr; trotz Ausrichtung zum Innenhof hat man keine Chance, dem Ganzen zu entkommen.

sonnenaufgang-klein6.15 Uhr. Sonnenaufgang. Zumindest einmal sollte man ihn erleben, den ersten Strahl des Himmelsgestirns in ganz Spanien. Langsam schiebt sich die blutrote Sonne über die Ostspitze der Bucht und taucht alles in ein warmes Licht. Der Spaziergang in der milden Morgendämmerung führt am Strand entlang und durch die Straßen zum alten Wehrturm hinauf. Dort sitzen ein paar Teenager und unterhalten sich – offenbar haben sie da oben übernachtet. Das hügelige Hinterland ist dicht mit Bäumen bewachsen; noch schläft der Ort.

11401395_917145521675162_6449939872592325240_nDoch was ist mit dem Plan, Menorca entdecken zu wollen? Wer am Puderzuckerstrand kleben bleibt, sieht definitiv zu wenig von der Insel. Der erste Ausflug führt zu einem kleinen Dorf namens „Binibeca Vell„. Die Siedlung am Hafen wurde vor wenigen Jahren neu erbaut. Der oder die Architekten haben den Stil einem alten Fischerdorf nachempfunden; es ist alles verwinkelt, eng, steil und ungewöhnlich. Das komplette Dorf ist in reinem Weiß gehalten und strahlt vor dem azurblauen Meer ganz wunderbar aus weiter Ferne.

In Binibeca gibt es um diese Jahreszeit auch frisch geschlüpfte Landschildkröten, die wir in einem großen Freigehege mit ein wenig Aufmerksamkeit beim Fressen beobachten können. In einem Restaurant an der Strecke nach Punta Prima halten wir, um ein paar Tapas zu essen. Unser Pech: Es ist ein Fischrestaurant, und der sprachgewandte Kellner kommt erst einmal mit einem riesigen Teller voller frisch gefangener Fische an unseren Tisch, erläutert uns die Sorten und äußert Empfehlungen. Wir entscheiden uns dennoch für einen Salat… Doch einige Leute an den Nebentischen bestellen Frisches aus dem Meer – und das riecht selbst für Veggies sehr lecker nach Knoblauch und Kräutern. Fazit: Wenn jemals doch Fisch, dann hier. Die Qualität hat allerdings auch ihren Preis – selbst beim Salat!

es-grau1Es Grau heißt das große Naturschutzgebiet an der Ostküste oberhalb von Menorcas Hauptstadt Mahon oder Maó. Die Insel ist voller Naturreservate; hier wird darauf geachtet, die Fehler und Bausünden der Nachbarn von Mallorca nicht zu begehen. Vom breiten Sandstrand von Es Grau wandern wir durch ein weitläufiges Gebiet über sonnige Wege, schattige Wäldchen, über lange Holzstege und vorbei an fliegenden Fischen hinauf zu einem wunderbaren Aussichtspunkt mit Blick über Lagunen und Seen. Kakteen mit mehreren Metern Höhe säumen unseren Weg. Zur Belohnung beschließen wir die Wanderung am fast menschenleeren Strand von Es Grau – kristallklares Wasser, sanft abfallender Sandstrand, warmes Wasser…

Am Samstag um 9 Uhr morgens beginnt der große Markt in der menorquinischen Hauptstadt Mahon. Als wir gegen halb zehn in der Tiefgarage direkt am großen Platz ankommen, steht da nur ein Auto außer uns! Auf Nachfrage erklärt die Kassiererin, dass die Leute wohl erst bis in einer Stunde eintrudeln werden… gut für uns! Menorca macht seinem Ruf als ruhige Insel wieder mal alle Ehre. Auf dem Markt gibt es vor allem flippige Hippie-Klamotten, Keramik und Schmuck.

11061963_917145948341786_3786180551707095576_nLetzter Tag der Reise. Nach dem Auschecken aus dem Hotel bleibt noch viel Zeit, mit der „Knutschkugel“, also unserem roten Fiat 500, zwei weitere wunderschöne Flecken zu entdecken. Zunächst auf zu den „Cales Coves„. Hier haben prähistorische Siedler Höhlen in den Fels über der Bucht geschlagen, um ihre Toten zu bestatten. Tausende Jahre später, in den 90ern, kamen dann Späthippies, die die Höhlen besetzten und dort wohnten, bis sie wieder vertrieben und die meisten Behausungen verschlossen wurden. Einige kann man noch besichtigen.

cales2Der Weg zu den Cales Coves führt zunächst über eine enge Straße, dann rund 20 Minuten zu Fuß einen Feldweg durch Gebüsch, Feigenbäume und Schilf hinab zu einer malerischen Bucht, die ein bisschen an Leonardo die Caprios „The Beach“ erinnert. Das Wasser schimmert in allen Blauschattierungen, der Rücken des in der Sonne bratenden Engländers auf einem Felsen am Rand in allen Rottönen. Ruhe, Magie und der Wunsch, es den Hippies gleichzutun und eine Weile hier zu bleiben, machen sich breit. Schnell das Oberteil runter und ins Wasser gesprungen! Wir kommen wieder…

Last Stop. Von den Cales Coves kommend, haben wir erstmal Hunger – es ist schon fast zwei Uhr mittags. Wir lassen uns die Nebenstraßen entlang treiben, bis wir ein Schild Richtung „Es Canutelles“ sehen. Der Blick in den Reiseführer offenbart, dass dort die Einwohner des im Inland gelegenen Dorfes „Saint Climent“ zum Baden gehen. Hört sich gut an – dort gibt es bestimmt auch noch ein Restaurant, das nicht auf Pommes und Bakes Beans spezialisiert ist…

cantuelles2Richtig geraten. Die zweigeteilte Bucht von Es Canutelles ist wunderbar: Zur Linken liegen Boote und ein kleiner Steinstrand, das Wasser ist fast unglaublich hell- bis dunkelblau. Zur Rechten liegt ein extrem flach abfallender Sandstrand, an dem sich Gänse und fast keine Menschen tummeln. Dazwischen, auf der Anhöhe gelegen, hat sich eine Bar angesiedelt, in der wir endlich Tapas bekommen! Während Oliven, Calamares, Pimientos al Padron, Oliven, Brot mit Tomatenpüree und Gazpacho serviert werden, genießen wir den Blick aufs Wasser. Möwen ziehen kreischend ihre Bahnen.

11392796_917145871675127_7080784196338952156_nNach dem Essen wandern wir zur Sandbucht hinab. Hier wird geschnorchelt! Ein im Sand vergrabenes halbes Ruderboot, zahlreiche Seegurken, Seeigel, ein Seestern und Fische von ganz winzig bis mittelgroß tummeln sich im klaren Wasser.

Draußen kommen neue Besucher. Vier junge Frauen im Wanderoutfit lassen sich im Sand nieder, entkleiden sich vollständig und waten durchs seichte Wasser. Vermutlich werden sie vom Restaurant aus fleißig beobachtet. Wir brechen auf. Die Nackten sind wieder aus dem Wasser entstiegen und sitzen in der prallen Sonne. Wir hingegen haben einen Sonnenschirm zu verschenken und halten an, um die jungen Frauen zu fragen, ob sie Bedarf haben.

Die Freude ist groß. Während wir wieder die Kuppe hinaufsteigen, drehen wir uns um. Eine der Nackten versucht, den Schirm in den harten Sandboden zu rammen. Ihr Strandtag liegt noch vor ihnen. Wir hingegen müssen zurück. Zum Flughafen, an Steinkreisen vorbei, zurück nach Deutschland, wo die Temperaturen in der Nacht zum Montag fallen. Auf Menorca hingegen bleibt es warm. Wir kommen wieder – irgendwann… (bb)

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