Archiv | November, 2014

Kimi, der Polarfuchs, will leben

18 Nov

Irgendwann in den 80ern hat ein Umdenken in der Modewelt begonnen. Auf einmal war es mega-out, sich im Pelzmantel zu zeigen; es gab Demonstrationen vor Pelzfachgeschäften, und so mancher Farbbeutel landete auf den teuren Designerstücken reicher Frauen.

Es wurde ruhig um den Bekleidungsstoff Pelz. Doch langsam, ganz langsam hat sich die Pelzindustrie ihr Terrain zurückerobert. Zwar zieren sich immer noch viele Menschen, im Pelzmantel die Runde zu machen, doch Pelz findet wieder statt im Alltag – an Westen, als Besatz an Mützen oder an Stiefeln, im Futter einer Jacke usw. Manchmal ist das Tierhaar bunt gefärbt, manchmal chemisch so aufgearbeitet, dass nicht erkennbar ist, ob es nun echt ist oder nicht. Und der Konsument? Er fragt nicht nach, kauft unkritisch das, was im Kaufhaus an der Stange hängt.

Doch der Protest lässt nicht auf sich warten. Zum Glück! An dieser Stelle muss ich sagen, dass ich in dieser Sache nicht neutral schreiben kann. Zu sehr leide ich mit den Tieren, die für die modischen Kapriolen ihr Leben lassen müssen. Anders als Nutzvieh, das für die Fleischproduktion großgezogen und getötet wird und bei dem das Leder nur ein Nebenprodukt ist, das man zu Schuhsohlen & Co. verarbeiten kann, werden Pelztiere ganz allein für den einen Zweck gezüchtet, ihres hübschen Felles wegen umgebracht zu werden.

Ist schon seltsam: Wir streicheln unsere Katze, unseren Hamster und den Hund – und kleiden uns in totes Tier. Warum eigentlich? Ist diese Mode wirklich so schön, dass sie es rechtfertigt, Millionen unschuldiger Wesen in kargen, engen Gitterkäfigen zu halten, nur um ihnen buchstäblich das Fell über die Ohren zu ziehen?

Nein. Menschheit, so grausam kannst Du doch nicht wirklich sein. Mensch, wach auf! Wenn Du schon nicht auf Fleisch verzichten magst, dann mache wenigstens dem unwürdigen Treiben auf dem Modemarkt ein Ende! Und lass Dich nicht täuschen von der Bezeichnung „Kunstpelz“, denn so mancher Kunstpelz ist in Wirklichkeit doch echt. Auf der Internetseite „Kunstpelz ist echt“ wird beschrieben, wie Hunde- und Katzenfelle aus China ihren Weg in deutsche Modegeschäfte finden. Das kurze Leben, das den Tieren vergönnt ist, vermag man sich nicht vorzustellen; wer den Anblick aushält, findet auf der Seite genug Anschauungsmaterial, das einem das Fürchten lehrt.

Doch nicht nur in China wird Pelz „produziert“. In Finnland beispielsweise züchtet das Unternehmen „Saga Furs“ unter anderem Polarfüchse für Produkte des Modelabels „Burberry“. Letzteres wirbt damit, dass seine Felle tierschutzgerecht hergestellt würden. Doch Film- und Fotoaufnahmen verheißen das Gegenteil – enge Drahtkäfige ohne Rückzugsplatz und ohne festen Boden zeichnen ein anderes Bild. Ein kleiner weißer Polarfuchs mit dem Namen Kimi ist zum Symbol der jüngsten Anti-Pelz-Kampagne der Tierschutzvereinigung „Vier Pfoten“ geworden. Kimi gehört zu den Tieren, die jetzt im November getötet werden sollen, um ihren prachtvollen Pelz an modische Kleidungsstücke und Accessoires abzutreten. Mehr als 250.000 Menschen haben über das Internet bereits ihre Empörung über die Pelzzucht kundgetan und zu Kimis Rettung aufgerufen.

Ein riesiger Shitstorm ist über Burberry hereingebrochen – bislang ohne erkennbare Reaktion des Modelabels. Doch Burberry ist bei weitem nicht der einzige Fabrikant, der Echtpelz in der Produktion verwendet. Fast in jedem Modegeschäft, fast bei jedem größeren Online-Anbieter finden sich pelzverbrämte Mäntel und Jacken, Schlüsselanhänger, Stiefel und mehr.

Der Konsument hat es in der Hand. Nimmt er das Angebot nicht wahr, sinkt die Nachfrage. Vielleicht ist es dann zu spät für Kimi, den hübschen weißen Fuchs mit den dunklen Knopfaugen, der fragend in die Kamera zu schauen scheint. Doch vielleicht ist es eine Chance für die kommenden Generationen von Pelztieren, die dann hoffentlich dort leben können, wo sie hingehören: In der Natur, unbehelligt von Menschen, die ihnen nach dem Fell trachten.

Wer die Geschichte von Kimi erfahren möchte, kann sich z. B. auf seiner Facebook-Seite informieren. (bb)

Mallorca in vier Tagen – nix wie weg vom Ballermann

9 Nov

Vier Tage Mallorca im Oktober – wir sind Ersttäter und haben keine rechte Ahnung, was da auf uns zukommt. Nur eines wissen wir mit Sicherheit: Wir wollen möglichst weit weg von Ballermann und Konsorten. Urlaubsorte wie Palma, Cala Ratjada oder die Bucht von Pollenca sparen wir daher gleich mal aus – zu viele Hotels, zu viele Touristen.

Colónia de St Jordi heißt unser Ziel auf der Balearen-Insel. Ganz im Süden, mit offenen, wilden Stränden. Unser Hotel liegt auf einer Felsklippe, mit Badesteg ins Meer. Doch der Reihe nach… Nach der Landung in Palma geht es mit dem Mietwagen eine knappe Dreiviertelstunde durchs Land. Wir sind überrascht: „Malle“ bietet jetzt, am Ende der Saison, angenehm leere Straßen, relativ viel Grün und viele zauberhafte kleine Windmühlen. „Hübsch“, denken wir – so gar nicht das, was wir erwartet hatten. Auch in Colónia scheinen die Uhren anders zu ticken, etwas langsamer – trotz der vielen Hotels und Ferien-Appartements. Keine Massen an Menschen, selbst der eigentlich überlaufene Traumstrand Es Trens, den wir am ersten Tag besuchen, ist lange nicht so voll wie erwartet. Das Wasser: kristallklar und fast karibikfarben bei 25 Grad. Die Luft: mit 28 Grad hochsommerwarm. Was will man mehr?

Nun ja, man will die Insel sehen, sie kennenlernen, ihr nachspüren. Mit dem Auto geht’s zum 20 Kilometer entfernten Cap de Ses Salines. Hier, am äußersten Südzipfel der Insel, branden die Wellen unterhalb des Leuchtturms temperamentvoll an die Felsen. Kleine Steine wurden zu Türmchen aufgeschichtet – wer hat das gemacht, und vor allem: warum? Über einen Küstenpfad wandern wir eine halbe Stunde in der morgendlichen Hitze bis zum Platja Es Caragol, dem Schneckenstrand. Außer uns ist nur noch eine Familie in der langgezogenen Sandbucht zu sehen. Wellen umspülen unsere Füße, und bald schon wagen wir uns hinein ins wunderbare Nass. Im Verlauf der nächsten Stunden trudeln noch 20, 30 Leute ein – hierher kommt nur, wer nicht zu faul zum Wandern ist. Die einen baden in Textil, die anderen nackt. Wen stört’s? Platz ist genug; der Nebenmann ist 20 Meter entfernt…

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Es Trens, Es Caragol… Wir brauchen Abwechslung. Am nächsten Tag geht es eine Stunde Richtung Norden bis nach Manacor und von dort weiter Richtung Küste nach Porto Christo. Dort begeben wir uns unter Tage, in die Cueva Drach, die Drachenhöhle. Hier verzaubern Tausende und Abertausende Tropfsteine in allen Größen die Besucher. Am Ende der halbstündigen Begehung auf bequemen Pfaden wartet ein ganz besonderes Spektakel auf uns: An einem unterirdischen Salzsee schweben beleuchtete Ruderboote durch das Dunkel. Auf einem musiziert ein vierköpfiges Orchester Klassik, und rund zehn Minuten später wird es langsam hell. Kitsch as Kitsch can – und ganz einfach wundervoll!

An der Ostküste entlang trudeln wir wieder abwärts in den Süden. Eine „Cala“ wechselt sich hier mit der nächsten ab. Die hübschen Buchten haben oft Sandstrände, manchmal auch nur Felsen zu bieten – immer jedoch sind sie einen Besuch wert. Wir haben das Glück, uns zu verfahren: Statt in der Cala Llombarts landen wir an einer Treppe, die auf 120 Stufen hinab zur Cala Almunia führt – ein Paradies, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Am Ende der Treppe liegt zur Rechten ein winziger Sandstrand, „dekoriert“ mit einigen kleinen, teils kaputten Ruderbooten und leider auch etwas Plastikmüll. Dennoch ist die Sandbucht hübsch. Der Knaller indes liegt auf der linken Seite: Eine pittoreske Ansammlung alter Fischerhäuschen – kunterbunt gemischter Baustil, mehrere kleine Bootsslips und ein Fotograf, der gerade nackte Schönheiten vor einer roten Sandsteinwand ablichtet. Sorry, Ihr Hübschen: Der Ort, an dem Ihr fotografiert werdet, ist noch tausendmal schöner als Ihr…

Die Cala Almunia, eine der letzten unbewirtschafteten Buchten an der Ostseite Mallorcas.

Die Cala Almunia, eine der letzten unbewirtschafteten Buchten an der Ostseite Mallorcas.

Über schlüpfrige Steine gelangt man hier in atemberaubend klares Wasser, denn ein Großteil der Bucht verfügt über hellen Sandboden. Neugierige kleine Fische begleiten uns beim Schnorcheln, und eigentlich will man gar nicht mehr raus aus dem Wasser. Doch damit ist unsere Entdeckungsreise noch nicht zu Ende: Auf der anderen Seite des Hügels, hinter den Fischerhäuschen, gelangt man über einen Trampelpfad zur Calos des Moro. Das komplette Gelände wurde von einer einheimischen Familie liebevoll bepflanzt und gepflegt, so dass ein kleines Naturparadies entstanden ist. Der Bau eines Hotels wurde erfolgreich verhindert; die verheerenden Schäden eines Flächenbrands sind nicht mehr zu sehen.

Die Calos des Moro… Es geht wieder bergab, steil und ungleichmäßig sind die Naturstufen, die zu der Bucht führen, die zugleich winzig und bombastisch ist. Riesige Felsblöcke liegen auf dem weißen Sand; die Wellen branden auch hier mit Wucht auf die begrenzte Liegefläche. An ruhigen Tagen ist der Strand wohl doppelt so groß, doch heute, an einem Tag Mitte Oktober, drängen sich die rund 20 Gäste zwischen den Steinen zusammen. Rundherum wird die Bucht flankiert von imposanten roten Steinwänden und Höhlen, in der sich die Brandung bricht.

Reines Badevergnügen der ruhigen Art hingegen bietet die Cala Murada, die zu beiden Seiten von kleinen Reihenhäuschen flankiert wird, die sich in die Landschaft einfügen. Für ein paar Euro gibt es an der Strandbar leckere Tapas, gebratene Pimientos und kühle Getränke, und wer will, kann sich einen der wenigen Sonnenschirme mieten, um gefahrlos den Tag verdösen zu können.

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Etwas quirliger geht es zu in der Cala Figuera. Hier können sich Wagemutige von Felsplateaus ins Meer stürzen – wer darauf keine Lust hat, bummelt in die Bucht hinein und bewundert die zahlreichen Segel- und Motorboote, die dort vor Anker liegen. Im Restaurant „Es Port“ hoch über dem Wasser kann man nicht nur lecker speisen, sondern hat auch einen wunderbaren Blick über die ein- und ausfahrenden Schiffe. Tapas, weiße Sangria und leckerer Salat, dazu ein Panorama aus tiefblauem Wasser und weißen Booten. Zu unseren Füßen streicht eine schwarze Katze umher; sie ist wohlgenährt. Zum Glück, denn auf unseren Tellern findet sich weder Fleisch noch Fisch.

Vier Tage Mallorca im Oktober – und sie gehen irgendwie viel zu schnell vorbei. Fehlen noch die Souvenirs. Wir kaufen Salz aus den Salinen im Süden, versetzt mit wunderbar duftenden Kräutern und Knoblauch, und Orangenmarmelade aus Soller. Wieder daheim im herbstlichen Deutschland, holen wir und dann den spanischen Sommer zurück – mit Tapas und einer guten Flasche Rotwein aus dem Süden. Bis zum nächsten Mal, Du schöne Baleareninsel. (bb)

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