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Bretagne: Das Finistère – das Ende der Welt?

17 Sept

Unsere Gast-Autorin Gisela Goblirsch-Bürkert war kürzlich in der Bretagne, genauer in Roscoff am Ende der Welt – oder doch eher am Kopf der Erde, am Anfang des Festlandes? Alles eine Frage der Perspektive:

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Das Finistère – finis terrae – das Ende der Welt. Die Menschen dort sehen es anders. Sie nennen den Landstrich den „Kopf der Erde“. Von uns aus gesehen ist der nördlichste Zipfel der Bretagne tatsächlich das Ende unseres Kontinents. Für die Briten, die jedes Jahr im Sommer von Wales aus nach Roscoff am Nordwestende der Bretagne übersetzen, ist das Finistère der Anfang des Festlandes. Und es kommen viele. So viele, dass die Schiffslinie „Brittany Ferries“ tatsächlich eine Gemeinschaftseinrichtung der Iren und Bretonen ist.

Zwei Häfen und viele Briten
Roskoff-Ebbe-3-webDie Schiffe, die zweimal wöchentlich mit frischem Gemüse und Lebensmitteln beladen den Weg nach England und Irland antreten, nehmen auf dem Rückweg die Briten mit nach Frankreich. Der Handels- und Verkehrsweg ist alt. Von hier aus soll schon Mary Stuart die Überfahrt nach Schottland angetreten haben. Und ihr Erbe ist in Roscoff noch spürbar. Im „Hôtel de Marie Stuart“ beispielsweise, das direkt am alten Hafen liegt. Dieser Hafen hat heute nur noch Bedeutung für die Masse der Fischkutter und Ausflugsdampfer, denn zweimal pro Tag verabschiedet sich das Meer und lässt ein trockenes Hafenbecken zurück, in dem die Kutter auf ihren Schwertern am Kai lehnen, als wären sie besoffen. Die kleineren Boote liegen wie Fische auf dem Trockenen zwischen Algen und Sand und man kann ihnen beinahe ansehen, wie sehnsüchtig sie auf die Flut warten. 

Roskoff-Flut-6-webNach 6 Stunden und 25 Minuten schwimmt die ganze Flotte wieder fröhlich sechs bis sieben Meter über Grund. Das ist das Erstaunliche an diesem Tidenhub. Ist das Becken gefüllt, kann man sich nicht vorstellen, wie es ohne Wasser aussähe. Und liegen die Boote auf Grund kann man sich nicht vorstellen, dass jemals Wasser in diesem Hafenbecken war. Selbstverständlich ist dieser Tidenhub für den großen Schiffsverkehr eher unbrauchbar, weshalb der moderne Hafen weiter im Norden liegt, weit weg vom historischen Roskoff.

Toureau-92-kleinDie Tide hat auch Auswirkungen auf den Personenverkehr. Die Ausflugsdampfer zum Château de Toureau legen entweder direkt am Hafenkai ab oder 600 Meter weiter in einem Seitenarm, wo das Wasser noch gerade eben schiffbar ist. Eine imposante Brücke führt schnurgerade hinaus aufs Wasser. 600 Meter lang und bei Sturm ein Ort, an dem man sich (auch mit erheblichem Übergewicht noch) fast waagrecht gegen den Wind lehnen kann.

Für Feinschmecker
Zeichnung-Kirche-von-RoskoffRoscoff bietet einen kompletten Überblick, über alles, was das Finistère ausmacht: Der mächtige Kirchturm ragt wie ein Mahnmal Gottes in den Himmel und der dunkelgraue Granit mit seinen durchscheinenden Turm-Verzierungen gibt ihm den Anschein, als sei er von Seepocken überzogen, verwittert oder mit dunklem Faden gestickt. Zu seinen Füßen schmiegen sich kleine Gässchen mit den Spezialitäten-Läden. Kouin Amann – die butterige, klebrig-zuckrige, in vielen Lagen geschichtete und mit Äpfeln, Himbeeren oder anderem Obst verfeinerte Kuchenspeise der Bretagne liegt in vielen Schaufenstern, wird zum Teil auch frisch gebacken und ist das Maximum an Fett und Kohlenhydraten. Natürlich schmeckt sie fantastisch. (Das ist aber keine Entschuldigung für maßlosen Genuss!) Dazu gibt es ein sagenhaftes Angebot an bretonischem Weißbier. Einige Sorten sind so gut, dass sich die bayerischen Brauer noch was abschauen könnten. Sie schmecken bierig herb, aber mit einer Fruchtnote, wie beispielsweise der Cidre, den man selbstverständlich in unzähligen Abfüllungen bekommt. Überhaupt schmeckt alles im Finistère ein bisschen fruchtiger: der traumhafte Honig (es gibt viele „Miellierien“ an der Nordküste, das Bier, der Cidre. Und sogar die Garnelen, die Krebse und der bretonische Hummer sind einfach nur sensationell fein. Mit einem Blick auf die neuen Baguette-Sorten (vielfältiger und als Körner-Baguette sehr aromatisch) schließe ich diesen Absatz – nicht ohne im Gegensatz dazu auf die Fish & Chips-Bude hinzuweisen, die direkt am Hafen die ankommenden Briten mit einem Hauch englischer Küche versorgt. Glücklicherweise hat sogar dieses anglophile Angebot den Geschmack Frankreichs. Also man kann die Fritten und auch den Backfisch mit Genuss vertilgen und benötigt dazu keinen Essig, wie er in GB üblicherweise dazu gereicht wird.

Der botanische Garten
Blüte-3-webKaum ein botanischer Garten hat mich so amüsiert, wie der von Roscoff. Er ist relativ neu – erst rund 60 Jahre alt, aber dafür mit so viel Liebe angelegt, dass man aus dem Fotografieren nicht heraus kommt. Mit Kakteen-Haus, Fischteich samt Schildkröten, hölzernen Rast-Ecken und als Höhepunkt ein hoher Aussichtsfelsen, von dem aus man die herbe „Schönheit“ des Hafens und des umliegenden Industriegebiets betrachten kann. Trotz dieser Einschränkung sollte man sich zwei Stunden Zeit nehmen für diesen Garten und bitte beachten, dass er mittags schließt. Besonders ist der Pflanzenverkauf am Ausgang des Gartens. Da findet man herrliche Kakteen und viele Nutz- und Zierpflanzen, Kräuter und mehr.

Fotos und Zeichnungen: Copyright by Gisela Goblirsch-Bürkert

Links zu Finistère:  Roscoff Tourisme  |   Finistère Tourisme  |  Finistère Virtuell  |  Jardin exotique & botanique à Roscoff

Alles, was bleibt

24 Aug

Alles was bleibtDie Geschichte ist nicht neu. Aber die Art, wie sie von Annette Hohberg erzählt wird, und vor allem die Sprache der Autorin machen das Buch zu etwas Besonderem. Beispiel gefällig? „Als sie aufsteht, gehen seine Blicke mit ihr zur Tür.“ Man hätte auch einfach „Als sie aufsteht, sieht er ihr nach.“ schreiben können. Doch Hohberg geht virtuoser mit der deutschen Sprache um. Dies und auch die Sprachbilder, die sie malt, macht die Lektüre interessant, überraschend, kurzweilig. Dazu trägt auch das Stilmittel, die Rückblicke und Erinnerungen der Protagonistin in der Gegenwartsform zu erzählen, bei.

Zum Inhalt: Siebzehn Jahre lang führten Leo und Gesine eine Ehe wie aus dem Bilderbuch. Bis Leo eines Tages den schicksalhaften Satz sagt: »Mir ist da was passiert.« Der 50-Jährige hat sich in eine jüngere Frau verliebt, Gesine steht vor den Scherben ihrer Ehe und tut das, was sie immer zusammen mit ihm gemacht hat: Sie kocht. Denn Kochen und gutes Essen sind fast so etwas wie die Essenz ihrer Beziehung gewesen. Sie reist in das gemeinsame Haus in der Normandie, im Gepäck 17 Fotos, die die Geschichte ihrer Liebe erzählen und allmählich die Brüche aufzeigen, die sie zu lange nicht sehen wollte. In Frankreich findet Gesine zu sich selbst – und trifft beinahe eine tragische Entscheidung …

Die Autorin Annette Hohberg hat Linguistik, Literaturwissenschaften und Soziologie studiert. Heute arbeitet sie als Journalistin. Auf die Frage, woher sie die Inspirationen für ihre Romane hole, sagte sie mal: „Ich lebe!“. Die Schriftstellerin lebt in München, fühlt sich aber überall auf der Welt zu Hause. Was immer dabei sein muss: gute Bücher und gute Musik.

Ebenfalls ein Lese-Vergnügen und zu empfehlen ist das zweite Buch der Autorin „Ein Sommer wie dieser“. Das dritte Werk „Das unendliche Blau“ erscheint am 2. September – wir sind schon sehr gespannt darauf. (ima)

Bild- und Textquelle

Kinotipp: Ziemlich beste Freunde

2 Mär

Rund 6 Millionen Zuschauer können nicht irren – seit 7 Wochen führt der Film „Ziemlich beste Freunde“ (OT: Untouchables) nun die deutschen Kinocharts an.

Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit. Er erzählt die Geschichte von Philippe Pozzo di Borgo, der 1993 beim Paragliding abstürzte und sich dabei so schwer an der Wirbelsäule verletzte, dass er seitdem vom Hals abwärts querschnittgelämt ist und seinem Pfleger, Abdel Yasmin Sellou, der ihn 10 Jahre lang beinahe rund um die Uhr betreute. Die Verfilmung basiert auf der Autobiografie von Pozzo di Borgo, die er 2001 unter dem Titel Le second souffle (Der zweite Atem) in Frankreich veröffentlichte.

Ein Stoff, von dem man nicht vermuten würde, dass daraus eine der besten Komödien der Kinogeschichte werden könnte. Aber genau das ist dieser Film – er berührt einerseits durch die tragische Geschichte – gleichzeitig ist es ein fröhlicher Film, der einen zum Lachen bringt.

Wir empfehlen: Unbedingt anschauen!

 

Rahmenhandlung
Philippe (FRANÇOIS CLUZET) führt das perfekte Leben. Er hat eine Heerschar von Hausangestellten, er ist reich, adlig, gebildet, er sieht ganz gut aus – aber ohne fremde Hilfe geht nichts, denn Philippe ist vom Hals an abwärts gelähmt. Eines Tages taucht Driss (OMAR SY) in Philippes geordnetem Leben auf. Der junge Mann, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde will eigentlich nur einen Bewerbungsstempel für seine Arbeitslosenunterstützung und auf den ersten Blick eignet sich das charmante Großmaul aus der Vorstadt auch überhaupt nicht für den Job als Pfleger. Doch seine unbekümmerte, freche Art macht Philippe neugierig. Spontan engagiert er Driss und gibt ihm zwei Wochen Zeit, sich zu bewähren. Aber passen Mozart und Earth, Wind & Fire, Poesie und derbe Sprüche, feiner Zwirn und Kapuzenshirts wirklich zusammen? Und warum benutzt Philippe eigentlich nie den großartigen Maserati, der abgedeckt auf dem Innenhof steht?
Es ist der Beginn einer verrückten und wunderbaren Freundschaft, die Philippe und Driss für immer verändern wird…
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