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Christo küsst den Iseosee aus dem Dornröschenschlaf

13 Jun
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Der malerische Iseosee in Oberitalien.

Sulzano am Iseosee: Normalerweise ein verschlafener Ort in den Bergen Norditaliens mit knapp 2000 Einwohnern, der vom Tourismus noch nicht so richtig wachgeküsst wurde. Das sollte sich bald ändern: Ab kommendem Samstag werden hier die „Floating Piers“ eröffnet. Von Sulzano bis nach Peschiera Maraglio auf der Monte Isola, größte Insel in südeuropäischem Binnengewässer, und weiter zu ihrer kleinen Schwester San Paolo, die Privatbesitz der Beretta-Dynastie ist, reichen die schwimmenden Stege, die es den Besuchern ermöglichen sollen, den See zu Fuß zu überqueren. 

Schon bei der Fahrt in den Ort fragt man sich, wie Sulzano die erwartete Masse der Besucher verkraften soll. Stau an der Ampel, länger dauernde Suche nach einem Parkplatz. Dabei ist das Wetter eher regnerisch, also fehlen sogar die Schönwetter-Touristen. Der erste Weg führt zur Anlegestelle am Hafen. Helle Fliesbahnen liegen auf den Plätzen und Wegen im Hafenbereich. Sie weisen den Weg zum Beginn der Reise „trockenen Fußes“ über das Gewässer. 

„Trockenen Fußes“ ist allerdings nicht ganz der korrekte Ausdruck, denn es spritzt, wenn man über das Stoffgewebe geht. Die kürzlichen Regenfälle haben neben Nässe auch Schmutz mit sich gebracht. So wirkt die Verhüllung der Gehsteige leider nicht mehr ganz so majestätisch wie geplant. Überhaupt: Sollte der Stoff nicht sonnengelb sein? Noch eine Woche bis zur Eröffnung der „Floating Piers“ – ist das tatsächlich schon das Gewebe, das magisch in der Sonne glänzen soll? Nein – das weiße Gewebe soll den Stoff nur am Rutschen hindern, denn schließlich soll kein Besucher beim drei Kilometer langen Spaziergang über die „Floating Piers“ ein unfreiwilliges Bad im See nehmen.

Bislang ist also noch nichts zu sehen vom versprochenen Sonnengelb. Die hellen Wege führen durch ein kleines Gässchen bis zu einem Absperrgitter, hinter dem die „Floating Piers“ beginnen. Arbeiter nehmen letzte Verbesserungsarbeiten an dem Projekt vor, im Hintergrund gestikuliert ein Mann mit langen weißen Haaren, neben ihm steht ein anderer mit Videokamera samt Mikrofon, der ihm auf Schritt und Tritt folgt. Wie die Arbeiter sind beide in rote Jacken gekleidet, und erst, als der Ältere sich umdreht, haben die Neugierigen, die mit Smartphones und Kameras an den Absperrgittern hängen, Gewissheit: Es ist der Meister selbst, der hier Hand anlegt und sein Werk inspiziert. Schritt für Schritt entfernt sich der Verhüllungskünstler über den See, auf einem 16 Meter breiten Weg – zumindest von den Dimensionen her groß genug, um zwei Autos bequem aneinander vorbeifahren zu lassen. 

Autos muss der künstliche Weg übers Wasser zwar nicht tragen, aber sicherlich massenweise Besucher, die ab 18. Juni einfallen werden, um das nur bis Anfang Juli zu sehende temporäre Kunstwerk im Wasser zu erleben. Mit 40 000 Menschen täglich rechnet man, 40 000 Paar Beine, die auf den „Floating Piers“ übers Wasser wandeln wollen. Die Bedienung in der Hafenbar lacht nur dazu, rollt mit den Augen und meint gut gelaunt auf Italienisch: „Das wird ein Wahnsinn, wenn so viele Menschen hierher kommen!“ Sulzano, nein, der ganze See wird dann für gute zwei Wochen im Mittelpunkt stehen. 

Dabei hat der Lago d‘ Iseo viel mehr zu bieten als Verhüllungskunst – eine malerische Naturkulisse, ein Flair der Entschleunigung, wie es dem großen Bruder Gardasee ein Stück weit abhanden gekommen ist. Die Sonne schiebt sich hinter den Wolken hervor, lässt das Wasser zwischen den grünen Bergen glitzern und rückt die kleinen Touristenboote, die über den See pendeln, ins rechte Licht. Schon am 4. Juli wird der Rummel, der noch gar nicht richtig begonnen hat, wieder vorüber sein, die „Floating Piers“ sind dann nur noch ein Stück Geschichte auf schönen Bildern. Doch sicher wird der eine oder andere Besucher die Erinnerung an die schöne Landschaft und den eindrucksvollen See mitnehmen – und vielleicht wiederkommen. Auf dass Christos Projekt den Iseosee aus dem Dornröschenschlaf wachküsse. (bb)

 The Floating Piers

Sulzano, Lago d‘ Iseo 

18. Juni – 3. Juli 2016

Die Stege sind auch für Rollstuhlfahrer zugänglich 

Menorca macht süchtig

11 Jun

MenorcaWillkommen in den 70ern. Das könnte das Motto Menorcas sein. Der überwiegende Teil der Urlauber hier sind Briten, dazu kommen Deutsche, Spanier und Italiener. Aber die Briten haben die Insel geprägt – und leider auch das Essen. Allererste Sahne hingegen ist die grandiose Natur, die Erholungssuchende auf dem Eiland vorfinden.

Vier Tage Menorca – reicht das, um die zweitgrößte Insel der Balearen kennenzulernen? Die Antwort lautet: nein. Zum Glück. Denn Menorca macht süchtig, und wer noch nicht alles gesehen hat, hat einen Grund, wiederzukommen. Doch der Reihe nach…

zufahrtVom dösigen Inselflughafen Mahon geht es im Mietwagen hinaus auf Menorcas Straßen. Das Ziel heißt Punta Prima und liegt im äußersten Südosten der Insel. Der Ort hat seinen Namen aufgrund der Tatsache erhalten, dass hier die Sonne als erstes in ganz Spanien aufgeht. Dem Touristen, der das erste Mal in diese Gegend kommt, geht hingegen schlicht und einfach das Herz auf, wenn er über die letzte Hügelkuppe fährt und das verschlafene Nest vor sich liegen sieht – in der Ferne lockt azurblaues Wasser, auf dem weiße Segelboote wie auf einem impressionistischen Gemälde arrangiert sind. Vorgelagert ist auch die „Ille des Aires“, die Insel der Winde. Hier leben sehr seltene schwarze Salamander; das Naturschutzgebiet darf nur mit dem Kanu angefahren werden.

100_2026Das Xaloc Playa ist ein Hotel, das quasi in Pole Position zum Strand liegt. Nur eine kleine Anliegerstraße trennt das Grundstück von weißem Karibikstrand und in unterschiedlichen Blautönen schillerndem, glasklarem Wasser. Die Anlage selbst ist kreisförmig um den großen Garten mit Pool, Minigolfanlage und Billard angelegt. Alles scheint in der Hitze des Tages zu schlafen; mühsam drehen sich die Körper der Hotelgäste auf den Sonnenliegen am Pool.

Prima Punta. Manche würden sagen: Hier ist der Hund begraben. Andere sagen: Das ist das Paradies. Traumstrand vor der Haustür, trotz Hitzewelle und Wochenende niemals überlaufen, Wasser karibisch glasklar, Sand puderzuckerweiß. In diesem Ort gibt es keine Zigaretten. Wer Tabakwaren will, muss nach Saint Lluis fahren, das ist rund 6 km entfernt. Auch am Strand müssen Raucher aufpassen – es gibt ein Gestell mit eistütenförmigen Plastikbehältern, die Raucher mit an den Strand nehmen müssen, um Asche und Kippen reinzuschmeißen. So bleibt der Strand wunderbar sauber.

Den Hang hinauf ziehen sich verschlafen die weißen Häuser; Hauptattraktion des Orts ist der alle paar Tage stattfindende „Markt“ mit Hippie-Schmuck, Pareos und Lederwaren. Fünf Stände, 50 Meter – das war’s. Idylle pur. Bis 21 Uhr. Dann quäkt im Touri-Bunker 50 Meter vom Xaloc Playa entfernt der DJ-Chef-Animateur zur Kinderdisco und dem anschließenden Stimmungsabend mit Bumm-Bumm-Musik und nervigem Gekreische los. Das geht allabendlich bis 23 oder 23.30 Uhr; trotz Ausrichtung zum Innenhof hat man keine Chance, dem Ganzen zu entkommen.

sonnenaufgang-klein6.15 Uhr. Sonnenaufgang. Zumindest einmal sollte man ihn erleben, den ersten Strahl des Himmelsgestirns in ganz Spanien. Langsam schiebt sich die blutrote Sonne über die Ostspitze der Bucht und taucht alles in ein warmes Licht. Der Spaziergang in der milden Morgendämmerung führt am Strand entlang und durch die Straßen zum alten Wehrturm hinauf. Dort sitzen ein paar Teenager und unterhalten sich – offenbar haben sie da oben übernachtet. Das hügelige Hinterland ist dicht mit Bäumen bewachsen; noch schläft der Ort.

11401395_917145521675162_6449939872592325240_nDoch was ist mit dem Plan, Menorca entdecken zu wollen? Wer am Puderzuckerstrand kleben bleibt, sieht definitiv zu wenig von der Insel. Der erste Ausflug führt zu einem kleinen Dorf namens „Binibeca Vell„. Die Siedlung am Hafen wurde vor wenigen Jahren neu erbaut. Der oder die Architekten haben den Stil einem alten Fischerdorf nachempfunden; es ist alles verwinkelt, eng, steil und ungewöhnlich. Das komplette Dorf ist in reinem Weiß gehalten und strahlt vor dem azurblauen Meer ganz wunderbar aus weiter Ferne.

In Binibeca gibt es um diese Jahreszeit auch frisch geschlüpfte Landschildkröten, die wir in einem großen Freigehege mit ein wenig Aufmerksamkeit beim Fressen beobachten können. In einem Restaurant an der Strecke nach Punta Prima halten wir, um ein paar Tapas zu essen. Unser Pech: Es ist ein Fischrestaurant, und der sprachgewandte Kellner kommt erst einmal mit einem riesigen Teller voller frisch gefangener Fische an unseren Tisch, erläutert uns die Sorten und äußert Empfehlungen. Wir entscheiden uns dennoch für einen Salat… Doch einige Leute an den Nebentischen bestellen Frisches aus dem Meer – und das riecht selbst für Veggies sehr lecker nach Knoblauch und Kräutern. Fazit: Wenn jemals doch Fisch, dann hier. Die Qualität hat allerdings auch ihren Preis – selbst beim Salat!

es-grau1Es Grau heißt das große Naturschutzgebiet an der Ostküste oberhalb von Menorcas Hauptstadt Mahon oder Maó. Die Insel ist voller Naturreservate; hier wird darauf geachtet, die Fehler und Bausünden der Nachbarn von Mallorca nicht zu begehen. Vom breiten Sandstrand von Es Grau wandern wir durch ein weitläufiges Gebiet über sonnige Wege, schattige Wäldchen, über lange Holzstege und vorbei an fliegenden Fischen hinauf zu einem wunderbaren Aussichtspunkt mit Blick über Lagunen und Seen. Kakteen mit mehreren Metern Höhe säumen unseren Weg. Zur Belohnung beschließen wir die Wanderung am fast menschenleeren Strand von Es Grau – kristallklares Wasser, sanft abfallender Sandstrand, warmes Wasser…

Am Samstag um 9 Uhr morgens beginnt der große Markt in der menorquinischen Hauptstadt Mahon. Als wir gegen halb zehn in der Tiefgarage direkt am großen Platz ankommen, steht da nur ein Auto außer uns! Auf Nachfrage erklärt die Kassiererin, dass die Leute wohl erst bis in einer Stunde eintrudeln werden… gut für uns! Menorca macht seinem Ruf als ruhige Insel wieder mal alle Ehre. Auf dem Markt gibt es vor allem flippige Hippie-Klamotten, Keramik und Schmuck.

11061963_917145948341786_3786180551707095576_nLetzter Tag der Reise. Nach dem Auschecken aus dem Hotel bleibt noch viel Zeit, mit der „Knutschkugel“, also unserem roten Fiat 500, zwei weitere wunderschöne Flecken zu entdecken. Zunächst auf zu den „Cales Coves„. Hier haben prähistorische Siedler Höhlen in den Fels über der Bucht geschlagen, um ihre Toten zu bestatten. Tausende Jahre später, in den 90ern, kamen dann Späthippies, die die Höhlen besetzten und dort wohnten, bis sie wieder vertrieben und die meisten Behausungen verschlossen wurden. Einige kann man noch besichtigen.

cales2Der Weg zu den Cales Coves führt zunächst über eine enge Straße, dann rund 20 Minuten zu Fuß einen Feldweg durch Gebüsch, Feigenbäume und Schilf hinab zu einer malerischen Bucht, die ein bisschen an Leonardo die Caprios „The Beach“ erinnert. Das Wasser schimmert in allen Blauschattierungen, der Rücken des in der Sonne bratenden Engländers auf einem Felsen am Rand in allen Rottönen. Ruhe, Magie und der Wunsch, es den Hippies gleichzutun und eine Weile hier zu bleiben, machen sich breit. Schnell das Oberteil runter und ins Wasser gesprungen! Wir kommen wieder…

Last Stop. Von den Cales Coves kommend, haben wir erstmal Hunger – es ist schon fast zwei Uhr mittags. Wir lassen uns die Nebenstraßen entlang treiben, bis wir ein Schild Richtung „Es Canutelles“ sehen. Der Blick in den Reiseführer offenbart, dass dort die Einwohner des im Inland gelegenen Dorfes „Saint Climent“ zum Baden gehen. Hört sich gut an – dort gibt es bestimmt auch noch ein Restaurant, das nicht auf Pommes und Bakes Beans spezialisiert ist…

cantuelles2Richtig geraten. Die zweigeteilte Bucht von Es Canutelles ist wunderbar: Zur Linken liegen Boote und ein kleiner Steinstrand, das Wasser ist fast unglaublich hell- bis dunkelblau. Zur Rechten liegt ein extrem flach abfallender Sandstrand, an dem sich Gänse und fast keine Menschen tummeln. Dazwischen, auf der Anhöhe gelegen, hat sich eine Bar angesiedelt, in der wir endlich Tapas bekommen! Während Oliven, Calamares, Pimientos al Padron, Oliven, Brot mit Tomatenpüree und Gazpacho serviert werden, genießen wir den Blick aufs Wasser. Möwen ziehen kreischend ihre Bahnen.

11392796_917145871675127_7080784196338952156_nNach dem Essen wandern wir zur Sandbucht hinab. Hier wird geschnorchelt! Ein im Sand vergrabenes halbes Ruderboot, zahlreiche Seegurken, Seeigel, ein Seestern und Fische von ganz winzig bis mittelgroß tummeln sich im klaren Wasser.

Draußen kommen neue Besucher. Vier junge Frauen im Wanderoutfit lassen sich im Sand nieder, entkleiden sich vollständig und waten durchs seichte Wasser. Vermutlich werden sie vom Restaurant aus fleißig beobachtet. Wir brechen auf. Die Nackten sind wieder aus dem Wasser entstiegen und sitzen in der prallen Sonne. Wir hingegen haben einen Sonnenschirm zu verschenken und halten an, um die jungen Frauen zu fragen, ob sie Bedarf haben.

Die Freude ist groß. Während wir wieder die Kuppe hinaufsteigen, drehen wir uns um. Eine der Nackten versucht, den Schirm in den harten Sandboden zu rammen. Ihr Strandtag liegt noch vor ihnen. Wir hingegen müssen zurück. Zum Flughafen, an Steinkreisen vorbei, zurück nach Deutschland, wo die Temperaturen in der Nacht zum Montag fallen. Auf Menorca hingegen bleibt es warm. Wir kommen wieder – irgendwann… (bb)

Outlander mit Schönheitsfehlern

8 Feb

„Feuer und Stein“ von Diana Gabaldon ist mein Lieblingsbuch. Schon lange. Wie viele andere Frauen habe ich den ersten Band verschlungen, irgendwann in den 90er-Jahren, mich in die Protagonistin Claire hineinversetzt und ihre Zeitreise ins 18. Jahrhundert quasi hautnah miterlebt. Jetzt ist das Werk, das mittlerweile acht Bände umfasst, verfilmt worden. Endlich. Oder etwa doch eher leider?

Seit Anfang Januar kommen die Fans der Highland-Saga in den Genuss der Verfilmung – bislang allerdings nur auf dem Pay-TV-Kanal „Passion“. Die Fans, das sind vorwiegend Frauen – logisch, denn die Hauptfigur ist weiblich und erzählt die Geschichte auch aus ihrer Sicht. Und Frauen, das wissen wir, sind besonders kritische Zuschauer. Vor allem, wenn es um die Umsetzung ihres Lieblingsbuches geht.

Vorweg genommen: Die ersten Folgen von „Outlander“ halten sich bei der Verfilmung fast schon sklavisch nahe an der Buchvorlage. Das erfreut zwar auch mein Herz kolossal, denn nichts ist ärgerlicher, als wenn aus dem  Geschriebenen bekannte Figuren aus dem Drehbuch herausgeschrieben werden oder Handlungsabläufe anders dargestellt sind. Leider hat aber offensichtlich noch niemand ein Patentrezept gefunden, wie man den Grat zwischen original actionreichem Buch und detailgetreuer Literaturverfilmung meistert, ohne dass Langeweile aufkommt. Und so liegt hier auch der Pferdefuß bei „Outlander“: Fast die gesamte erste Folge dreht sich um die eigentliche Vorgeschichte, nämlich die Story um Claire und ihren „Jetzt-Zeit-Ehemann“ Frank im Jahr 1945. In fast schon epischer Breite und mit einschläfernden Dialogen versehen beobachten wir das Paar in seinen zweiten Flitterwochen, dürfen uns an Burgbesichtigungen, dazwischen geschobenem Cunnilingus auf dem Kellertisch und dem Smalltalk zwischen Frank und demgeschichtsinteressierten Highland-Pastor Reginald Wakefield erfreuen… nicht alles, was sich im Buch hochinteressant anliest, wirkt auch in der Umsetzung so.

Die Längen… ja, die machen dem Ganzen zu schaffen. Es gibt allerdings Hoffung: Ab Folge 2 geht es aufwärts, denn sobald die toughe Claire im 17. Jahrhundert gelandet ist, nimmt die Geschichte – endlich – Tempo auf. Zum Glück, denn meine bessere (und männliche) Hälfte fragte sich (und mich) schon, was ich an dem Buch denn eigentlich so toll gefunden hatte. Das Durchhalten lohnt sich aber. Und das, obwohl Caitriona Balfe als Claire etwas zu dünn geraten ist und auch keine bernsteinfarbenen Augen hat. Obwohl Sam Heughan als Jamie, Highlander-Traum aller belesenen Frauen, längst nicht so groß und rothaarig ist, wie es sich in der Vorstellung der meisten eingebrannt hat. Die physischen Abweichungen der Protagonisten werden ausgeglichen durch die Authentizität, die sie ihren Figuren einhauchen – Heughan spielt den Jamie mit genau der richtigen Mischung aus kessem Bürschchen und tiefgründigem Folteropfer; Balfe wirkt auch in der Serie so gereift, erfahren und mutig, wie man es von einer emanzipierten Frau des 20. Jahrhunderts erwarten würde. Kein Weibchen, das sich hinter einem Mann versteckt, sondern eine, die hinsteht für ihre Überzeugungen und kämpft um ihr Glück.

Und so… ja, doch: Trotz aller Schwächen werden wir die Serie weiterschauen. Zumal die Folgen immer spannender werden und es als Bonus wunderbare Landschaftsaufnahmen aus Schottland obendrauf gibt. Wenn es die Regie jetzt noch schafft, die „Stimme aus dem Off“ weitgehend aus dem Drehbuch zu streichen, bin ich zufrieden. Ach ja – als Message für alle Männer da draußen lasse ich noch folgende Erkenntnis da: Mein Herzblatt hat heute schon gefragt, wann die nächste Folge läuft… (bb)

Kimi, der Polarfuchs, will leben

18 Nov

Irgendwann in den 80ern hat ein Umdenken in der Modewelt begonnen. Auf einmal war es mega-out, sich im Pelzmantel zu zeigen; es gab Demonstrationen vor Pelzfachgeschäften, und so mancher Farbbeutel landete auf den teuren Designerstücken reicher Frauen.

Es wurde ruhig um den Bekleidungsstoff Pelz. Doch langsam, ganz langsam hat sich die Pelzindustrie ihr Terrain zurückerobert. Zwar zieren sich immer noch viele Menschen, im Pelzmantel die Runde zu machen, doch Pelz findet wieder statt im Alltag – an Westen, als Besatz an Mützen oder an Stiefeln, im Futter einer Jacke usw. Manchmal ist das Tierhaar bunt gefärbt, manchmal chemisch so aufgearbeitet, dass nicht erkennbar ist, ob es nun echt ist oder nicht. Und der Konsument? Er fragt nicht nach, kauft unkritisch das, was im Kaufhaus an der Stange hängt.

Doch der Protest lässt nicht auf sich warten. Zum Glück! An dieser Stelle muss ich sagen, dass ich in dieser Sache nicht neutral schreiben kann. Zu sehr leide ich mit den Tieren, die für die modischen Kapriolen ihr Leben lassen müssen. Anders als Nutzvieh, das für die Fleischproduktion großgezogen und getötet wird und bei dem das Leder nur ein Nebenprodukt ist, das man zu Schuhsohlen & Co. verarbeiten kann, werden Pelztiere ganz allein für den einen Zweck gezüchtet, ihres hübschen Felles wegen umgebracht zu werden.

Ist schon seltsam: Wir streicheln unsere Katze, unseren Hamster und den Hund – und kleiden uns in totes Tier. Warum eigentlich? Ist diese Mode wirklich so schön, dass sie es rechtfertigt, Millionen unschuldiger Wesen in kargen, engen Gitterkäfigen zu halten, nur um ihnen buchstäblich das Fell über die Ohren zu ziehen?

Nein. Menschheit, so grausam kannst Du doch nicht wirklich sein. Mensch, wach auf! Wenn Du schon nicht auf Fleisch verzichten magst, dann mache wenigstens dem unwürdigen Treiben auf dem Modemarkt ein Ende! Und lass Dich nicht täuschen von der Bezeichnung „Kunstpelz“, denn so mancher Kunstpelz ist in Wirklichkeit doch echt. Auf der Internetseite „Kunstpelz ist echt“ wird beschrieben, wie Hunde- und Katzenfelle aus China ihren Weg in deutsche Modegeschäfte finden. Das kurze Leben, das den Tieren vergönnt ist, vermag man sich nicht vorzustellen; wer den Anblick aushält, findet auf der Seite genug Anschauungsmaterial, das einem das Fürchten lehrt.

Doch nicht nur in China wird Pelz „produziert“. In Finnland beispielsweise züchtet das Unternehmen „Saga Furs“ unter anderem Polarfüchse für Produkte des Modelabels „Burberry“. Letzteres wirbt damit, dass seine Felle tierschutzgerecht hergestellt würden. Doch Film- und Fotoaufnahmen verheißen das Gegenteil – enge Drahtkäfige ohne Rückzugsplatz und ohne festen Boden zeichnen ein anderes Bild. Ein kleiner weißer Polarfuchs mit dem Namen Kimi ist zum Symbol der jüngsten Anti-Pelz-Kampagne der Tierschutzvereinigung „Vier Pfoten“ geworden. Kimi gehört zu den Tieren, die jetzt im November getötet werden sollen, um ihren prachtvollen Pelz an modische Kleidungsstücke und Accessoires abzutreten. Mehr als 250.000 Menschen haben über das Internet bereits ihre Empörung über die Pelzzucht kundgetan und zu Kimis Rettung aufgerufen.

Ein riesiger Shitstorm ist über Burberry hereingebrochen – bislang ohne erkennbare Reaktion des Modelabels. Doch Burberry ist bei weitem nicht der einzige Fabrikant, der Echtpelz in der Produktion verwendet. Fast in jedem Modegeschäft, fast bei jedem größeren Online-Anbieter finden sich pelzverbrämte Mäntel und Jacken, Schlüsselanhänger, Stiefel und mehr.

Der Konsument hat es in der Hand. Nimmt er das Angebot nicht wahr, sinkt die Nachfrage. Vielleicht ist es dann zu spät für Kimi, den hübschen weißen Fuchs mit den dunklen Knopfaugen, der fragend in die Kamera zu schauen scheint. Doch vielleicht ist es eine Chance für die kommenden Generationen von Pelztieren, die dann hoffentlich dort leben können, wo sie hingehören: In der Natur, unbehelligt von Menschen, die ihnen nach dem Fell trachten.

Wer die Geschichte von Kimi erfahren möchte, kann sich z. B. auf seiner Facebook-Seite informieren. (bb)

Mallorca in vier Tagen – nix wie weg vom Ballermann

9 Nov

Vier Tage Mallorca im Oktober – wir sind Ersttäter und haben keine rechte Ahnung, was da auf uns zukommt. Nur eines wissen wir mit Sicherheit: Wir wollen möglichst weit weg von Ballermann und Konsorten. Urlaubsorte wie Palma, Cala Ratjada oder die Bucht von Pollenca sparen wir daher gleich mal aus – zu viele Hotels, zu viele Touristen.

Colónia de St Jordi heißt unser Ziel auf der Balearen-Insel. Ganz im Süden, mit offenen, wilden Stränden. Unser Hotel liegt auf einer Felsklippe, mit Badesteg ins Meer. Doch der Reihe nach… Nach der Landung in Palma geht es mit dem Mietwagen eine knappe Dreiviertelstunde durchs Land. Wir sind überrascht: „Malle“ bietet jetzt, am Ende der Saison, angenehm leere Straßen, relativ viel Grün und viele zauberhafte kleine Windmühlen. „Hübsch“, denken wir – so gar nicht das, was wir erwartet hatten. Auch in Colónia scheinen die Uhren anders zu ticken, etwas langsamer – trotz der vielen Hotels und Ferien-Appartements. Keine Massen an Menschen, selbst der eigentlich überlaufene Traumstrand Es Trens, den wir am ersten Tag besuchen, ist lange nicht so voll wie erwartet. Das Wasser: kristallklar und fast karibikfarben bei 25 Grad. Die Luft: mit 28 Grad hochsommerwarm. Was will man mehr?

Nun ja, man will die Insel sehen, sie kennenlernen, ihr nachspüren. Mit dem Auto geht’s zum 20 Kilometer entfernten Cap de Ses Salines. Hier, am äußersten Südzipfel der Insel, branden die Wellen unterhalb des Leuchtturms temperamentvoll an die Felsen. Kleine Steine wurden zu Türmchen aufgeschichtet – wer hat das gemacht, und vor allem: warum? Über einen Küstenpfad wandern wir eine halbe Stunde in der morgendlichen Hitze bis zum Platja Es Caragol, dem Schneckenstrand. Außer uns ist nur noch eine Familie in der langgezogenen Sandbucht zu sehen. Wellen umspülen unsere Füße, und bald schon wagen wir uns hinein ins wunderbare Nass. Im Verlauf der nächsten Stunden trudeln noch 20, 30 Leute ein – hierher kommt nur, wer nicht zu faul zum Wandern ist. Die einen baden in Textil, die anderen nackt. Wen stört’s? Platz ist genug; der Nebenmann ist 20 Meter entfernt…

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Es Trens, Es Caragol… Wir brauchen Abwechslung. Am nächsten Tag geht es eine Stunde Richtung Norden bis nach Manacor und von dort weiter Richtung Küste nach Porto Christo. Dort begeben wir uns unter Tage, in die Cueva Drach, die Drachenhöhle. Hier verzaubern Tausende und Abertausende Tropfsteine in allen Größen die Besucher. Am Ende der halbstündigen Begehung auf bequemen Pfaden wartet ein ganz besonderes Spektakel auf uns: An einem unterirdischen Salzsee schweben beleuchtete Ruderboote durch das Dunkel. Auf einem musiziert ein vierköpfiges Orchester Klassik, und rund zehn Minuten später wird es langsam hell. Kitsch as Kitsch can – und ganz einfach wundervoll!

An der Ostküste entlang trudeln wir wieder abwärts in den Süden. Eine „Cala“ wechselt sich hier mit der nächsten ab. Die hübschen Buchten haben oft Sandstrände, manchmal auch nur Felsen zu bieten – immer jedoch sind sie einen Besuch wert. Wir haben das Glück, uns zu verfahren: Statt in der Cala Llombarts landen wir an einer Treppe, die auf 120 Stufen hinab zur Cala Almunia führt – ein Paradies, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Am Ende der Treppe liegt zur Rechten ein winziger Sandstrand, „dekoriert“ mit einigen kleinen, teils kaputten Ruderbooten und leider auch etwas Plastikmüll. Dennoch ist die Sandbucht hübsch. Der Knaller indes liegt auf der linken Seite: Eine pittoreske Ansammlung alter Fischerhäuschen – kunterbunt gemischter Baustil, mehrere kleine Bootsslips und ein Fotograf, der gerade nackte Schönheiten vor einer roten Sandsteinwand ablichtet. Sorry, Ihr Hübschen: Der Ort, an dem Ihr fotografiert werdet, ist noch tausendmal schöner als Ihr…

Die Cala Almunia, eine der letzten unbewirtschafteten Buchten an der Ostseite Mallorcas.

Die Cala Almunia, eine der letzten unbewirtschafteten Buchten an der Ostseite Mallorcas.

Über schlüpfrige Steine gelangt man hier in atemberaubend klares Wasser, denn ein Großteil der Bucht verfügt über hellen Sandboden. Neugierige kleine Fische begleiten uns beim Schnorcheln, und eigentlich will man gar nicht mehr raus aus dem Wasser. Doch damit ist unsere Entdeckungsreise noch nicht zu Ende: Auf der anderen Seite des Hügels, hinter den Fischerhäuschen, gelangt man über einen Trampelpfad zur Calos des Moro. Das komplette Gelände wurde von einer einheimischen Familie liebevoll bepflanzt und gepflegt, so dass ein kleines Naturparadies entstanden ist. Der Bau eines Hotels wurde erfolgreich verhindert; die verheerenden Schäden eines Flächenbrands sind nicht mehr zu sehen.

Die Calos des Moro… Es geht wieder bergab, steil und ungleichmäßig sind die Naturstufen, die zu der Bucht führen, die zugleich winzig und bombastisch ist. Riesige Felsblöcke liegen auf dem weißen Sand; die Wellen branden auch hier mit Wucht auf die begrenzte Liegefläche. An ruhigen Tagen ist der Strand wohl doppelt so groß, doch heute, an einem Tag Mitte Oktober, drängen sich die rund 20 Gäste zwischen den Steinen zusammen. Rundherum wird die Bucht flankiert von imposanten roten Steinwänden und Höhlen, in der sich die Brandung bricht.

Reines Badevergnügen der ruhigen Art hingegen bietet die Cala Murada, die zu beiden Seiten von kleinen Reihenhäuschen flankiert wird, die sich in die Landschaft einfügen. Für ein paar Euro gibt es an der Strandbar leckere Tapas, gebratene Pimientos und kühle Getränke, und wer will, kann sich einen der wenigen Sonnenschirme mieten, um gefahrlos den Tag verdösen zu können.

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Etwas quirliger geht es zu in der Cala Figuera. Hier können sich Wagemutige von Felsplateaus ins Meer stürzen – wer darauf keine Lust hat, bummelt in die Bucht hinein und bewundert die zahlreichen Segel- und Motorboote, die dort vor Anker liegen. Im Restaurant „Es Port“ hoch über dem Wasser kann man nicht nur lecker speisen, sondern hat auch einen wunderbaren Blick über die ein- und ausfahrenden Schiffe. Tapas, weiße Sangria und leckerer Salat, dazu ein Panorama aus tiefblauem Wasser und weißen Booten. Zu unseren Füßen streicht eine schwarze Katze umher; sie ist wohlgenährt. Zum Glück, denn auf unseren Tellern findet sich weder Fleisch noch Fisch.

Vier Tage Mallorca im Oktober – und sie gehen irgendwie viel zu schnell vorbei. Fehlen noch die Souvenirs. Wir kaufen Salz aus den Salinen im Süden, versetzt mit wunderbar duftenden Kräutern und Knoblauch, und Orangenmarmelade aus Soller. Wieder daheim im herbstlichen Deutschland, holen wir und dann den spanischen Sommer zurück – mit Tapas und einer guten Flasche Rotwein aus dem Süden. Bis zum nächsten Mal, Du schöne Baleareninsel. (bb)