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Walhai und Cenotenzauber – Urlaub auf Yukatan

15 Okt

Einmal Karibik bitte. Aber wohin? Kuba? Zu teuer für den Familienetat. Jamaika? Nicht fischreich genug für den tauchenden Nachwuchs. Dominikanische Republik? Och nööö… da fährt ja jeder zweite hin. Nach langer Suche in Katalogen und im Internet steht das Reiseziel schließlich fest: Mexiko soll’s werden, und dort die Halbinsel Yukatan. Ein Überraschungspaket, das wir erst gar nicht auf dem Plan hatten – und das unsere Erwartungen noch übertraf.

Rush-Hour in Cancun. Unser Kleinbus hält an der Ampel auf der mittleren Spur; links stehen zwei Autos. Die Fahrerin des vorderen Fahrzeugs schwingt theatralisch die Hände durch die Luft, der Lenker des hinteren Wagens zuckt mit den Schultern. Offenbar hat er den fahrbaren Untersatz vor ihm unsanft touchiert; die Stoßstange ist zerkratzt. Unser Guide Alex beugt sich zum Fenster und ruft: „Frau, das ist doch nix! Steig ein und fahr‘ weiter!“ In Deutschland, tönen wir Urlauber von den hinteren Sitzen, wäre das ein Schaden von 5000 Euro. Alex lacht. „Ja, klar, in Deutschland gibt es ja auch eine Hundesteuer. Eine Hundesteuer!“ Er muss es wissen, er hat eine Zeitlang in Deutschland gelebt. Prompt übersetzt er den Sachverhalt für unseren mexikanischen Fahrer. Der kriegt sich nicht mehr vor Lachen. Willkommen in Mexiko.

Klotzen statt kleckern

Yukatan ist eine Halbinsel, die mitten in den Atlantischen Ozean hineinragt. Links von der Insel nennt er sich „Golf von Mexiko“, rechts davon „Karibik“. Da wollen wir hin – auf zu türkisfarbenem Wasser und puderzuckerweißem Strand. Eine schnurgerade vierspurige Straße führt von Cancun südwärts bis zur Grenze nach Belize, zur Linken liegt hinter dichtem Dschungel das Meer, zur Rechten ebenfalls dichter Dschungel, Ortschaften und dann und wann ein Schild, das auf eine Cenote hinweist. Cenoten sind… ach, was soll’s – das kommt später… Zunächst staunen wir ob der pompösen Eingangsbereiche der Hotels, die am Straßenrand auf die Unterkünfte hinweisen. Die Anlagen sind riesig, fressen sich südwärts von Cancun am Strand entlang immer weiter ins saftige Grün. 1000 Zimmer pro Komplex sind keine Seltenheit; von der Hauptstraße aus geht die Fahrt ein paar Minuten Richtung Meer bis zu den riesigen Empfangsgebäuden der Touristenunterkünfte. Hier wird nicht gekleckert, hier wird geklotzt!

Natur pur im Hotel

Gerne hätte ich jetzt geschrieben, dass wir in einem der wunderschönen, kunterbunten mexikanischen Aussteiger-Hotels untergekommen sind. In Wahrheit jedoch hat die Pauschalreise im 1500-Betten-Komplex gewonnen, weil sie einfach billiger war. Für drei Personen immer noch teuer, aber wenigstens erschwinglich. Das „Grand Sirenis“ liegt zwischen dem Touristenort Playa del Carmen und der bekannten Maya-Ruinen-Stadt Tulum rund eineinhalb Stunden von Cancun entfernt – weit genug, um den Trubel der Großstadt hinter sich zu lassen. Der Komplex ist riesig, erstreckt sich auf mehrere Gebäude, von denen jedoch keines höher als drei Stockwerke ist. So will es das Gesetz, und das ist gut so. Zwischen den Gebäuden verteilen sich Lobby, diverse Spezialitätenrestaurants, Pools und Dschungel.

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Allgegenwärtig: Exotische Vögel, die noch viel exotischere Geräusche von sich geben (eine süddeutsche Saatkrähe hört sich edel dagegen an) und noch viel, viel exotischere Echsen, die überall im Gebüsch, auf den Bäumen und auch des öfteren mitten auf dem Weg herumliegen. So mancher Tourist füttert sie mit Bananen, was man nicht tun soll – es bringt meist nichts Gutes, wenn der Mensch ein Wildtier von sich abhängig macht. Noch lieber als die Echsen füttern die Touristen die säugende Waschbärin, die genau wie der drollige Nasenbär um den Poolbereich strolcht und auch gerne mal einen Blick in die Badetasche des Besuchers wirft – könnte ja was Essbares drin sein. Scheu hingegen sind die Aguris, große, sanfte Nagetiere, die dann und wann am Dschungelrand auftauchen. Natur pur – das macht Freude!

All inclusive lullt ein

Die Pools haben rund 35 Grad, die Luft auch. Vielleicht bringt das Meer ein wenig Abkühlung an einem heißen Juni-Tag? Okay – rund 30 Grad, da fröstelt’s einen ja fast schon, haha… Der Puderzuckerstrand ist da, unterbrochen von steinigem Untergrund und Felsformationen. Es gibt schattige Liegen (schnell belegt), sonnige Liegen (immer ein Plätzchen frei) und Hängematten (können zum Glück nicht belegt werden) – jeder findet einen bequemen Ort zum Dösen, und ständig flaniert die freundliche Bedienung vorbei und fragt, was man trinken will. All inclusive lullt ein, doch dafür sind wir nicht hergekommen.

Karibik unter Wasser

Wie sieht die Karibik unter Wasser aus? Das ist die große Frage, die wir uns stellen. Tauchermaske an, Schnorchel dran – ab ins Wasser. Verglichen mit dem Roten Meer ist die Mexikanische Karibikküste unter der Oberfläche zunächst relativ unspektakulär. Wo Ägypten mit der ganzen Farbpalette in Rot, Blau, Gelb und Grün aufwarten kann, wo die Fische sich gegenseitig fast die Vorfahrt und den Besucher in die Mitte nehmen, tummeln sich hier nur vereinzelt ein paar Exemplare über relativ farblosen Riff-Formationen. Die Hurrikane der vergangenen Jahre und die zeitweise Überfischung der Riffe fordern ihren Preis. Doch Mexiko hat gelernt: Vor Cancun zum Beispiel wird mit dem „Unterwasser-Museum“ in Form von menschlichen Skulpturen, Autos und sogar Regalen den Korallen neuer Lebensraum zum Besiedeln geboten; Teile des Meeres wurden zum Schutzgebiet erklärt wie das Palancar-Riff bei der Insel Cozumel. Von der sind wir jedoch ein Stückchen entfernt.

Dennoch: Einer der ersten Wege führt zur lokalen Tauchbasis, die wie der Realität gewordene Karibiktraum auf den Felsen und unter Kokospalmen über dem Meer thront. Tauchen in der Karibik ist einfach – Formular ausfüllen, Brevet-Nummer angeben und los geht’s. Zwei Tauchgänge zur Wahl: Shallow oder Deep Dive. Wir nehmen den flachen Tauchgang und finden uns nach kurzer Bootsfahrt in 14 Meter Tiefe über Korallenblöcken und Felsformationen schwebend am Grund der Karibik wieder. Eine leichte Strömung herrscht hier; ein Barrakuda mittlerer Größe beäugt uns mit geringem Interesse. Alles in allem ganz nett, aber nichts Spektakuläres.

Auf Tuchfühlung mit dem Walhai

Spektakulär wird es ein paar Tage später auf dem offenen Meer westlich von Cancun und der vorgelagerten Isla Mujeres, der Insel der Frauen. Mit einem schnellen Boot flitzen wir ins tiefe Blau, auf der Suche nach den größten Fischen der Welt, den Walhaien. Eingangs erwähnter Alex ist unser Guide – er stammt aus Mexiko-City, hat in jungen Jahren einen mehrjährigen Trip durch Europa unternommen und eine Zeitlang in Deutschland gearbeitet. Doch die Winter waren zu kalt, und so packte er seinen Rucksack und flog zurück nach Mexiko – allerdings nach Yukatan, das wohl das Sahnestückchen des Landes sein dürfte. Unsere Truppe an Bord ist international: Neben Alex und der einheimischen Besatzung, uns drei Deutschen und Schotte Jim sind noch ein französisches und ein italienisches Pärchen mit an Bord.

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In der Ferne springt ein Manta; an der Oberfläche schaukeln ein paar Schildkröten im tiefen Gewässer. Unser Käpt’n verringert die Fahrt, und vor uns tauchen weitere Boote auf, die einen Kreis um große, aus dem Wasser ragende Flossen bilden: Wir haben die Walhaie gefunden. Die sanften Riesen der Meere versammeln sich jeden Sommer hier vor Yukatan im planktonreichen Gewässer, denn die Kleintiere sind die Leibspeise der ungefährlichen Fische. In Zweiergruppen springen wir zusammen mit dem Guide ins Wasser, um mit den Haien zu schwimmen. Die Großen sind mehr als zehn Meter lang; näher als zwei Meter darf man ihnen nicht kommen, zu ihrem und zu unserem Schutz, denn die Schwanzflosse kann einen dann doch umhauen. Viel zu kurz sind die Begegnungen mit den Riesen: Wir springen, wir schwimmen, genießen den Augenblick, wenn man kurz neben dem gigantischen Tier seine Bahn zieht – dann sind sie wieder weg… Dreimal darf jeder ins Wasser, mit drei verschiedenen Haien schwimmen wir. Einer hat zwei „Anhalter-Fische“ auf seiner Seitenflosse mitgenommen. Ein Hai schwimmt direkt auf mich zu – ein Maul wie der Kühlergrill eines Autos. Erstaunlicherweise empfindet niemand Unbehagen bei diesem Anblick; wir sind allzu fasziniert.

Traumstrand und mexikanisches Bier 

Dann ist es vorbei, wir fahren zurück und machen Halt vor der Isla Mujeres, wo zunächst an einem Riff geschnorchelt und dann an einem Traumstrand Halt gemacht wird. Wir hüpfen über die Reling des Bootes ins brusttiefe Wasser. Alex reicht uns ein kühles mexikanisches Bier – „Sol, das beste“ -, und wieder genießen wir den Augenblick. Mexiko ist schön, Yukatan ist schöner, hier vor der Isla Mujeres ist es am schönsten…

Tulum – Maya-Schönheit am Meer

Doch halt – genauso schön, wenn auch auf eine andere Art, ist es bei den präkolumbianischen Maya-Stätten wie Tulum. Auch die Maya wussten eben schon, wo’s am besten ist. Der mitgereiste Teenager-Sohn zieht erstmal einen Flunsch – warum soll man sich eigentlich Steinruinen anschauen, wenn es brütend heiß ist und das türkisfarbene Wasser unerbittlich lockt? Nein, junger Mann – ein bisschen Kultur muss eben auch sein. So trödeln wir in der Hitze durchs historische Gelände und betrachten – die einen mehr, die anderen weniger fasziniert – kleinere und größere Maya-Bauten, Ornamente, Steinfiguren, bewundern die Wasserversorgung des indianischen Volkes und fotografieren das alles und natürlich auch die Leguane, die wie Wächter aus längst vergangenen Zeiten über den Tempeln in die Ferne starren.

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Zum Glück liegt Tulum am Wasser, und bald schon entdeckt der Filius einen menschenleeren Strand, in aller Karibikschönheit mit Puderzuckersand und sanften Wellen, die an Land rollen. Eine Absperrung macht seine Bade-Träume jedoch zunichte: Hier legen Schildkröten ihre Eier, und der Naturschutz hat Vorrang. Verständlich. Immerhin: Wo ein Strand ist, gibt es sicher noch einen anderen, und kurz darauf entdecken wir eine Badegelegenheit, die über eine Holztreppe zu erreichen ist und mit beträchtlicher Brandung aufwarten kann. Die Tempel machen Pause, wir geben uns den Wellen hin…

Cenoten-Zauber

Noch mehr Badevergnügen warten jedoch im Inland, und dieses Mal birgt es sogar eine Erfrischung. Cenoten – die heiligen Quellen der Maya. Mehr als Tausend davon gibt es auf der Halbinsel Yukatan. Entstanden sind diese über- und unterirdischen Süßwasserseen durch Einbrüche im Kalkstein, der das Fundament der Region bildet. Das Wasser ist klar und etwas frischer als das Meer – 25 oder 26 Grad dürften es aber allemal noch sein… Wagemutige durchtauchen die Cenoten, von denen viele unterirdisch miteinander verbunden sind. Wir begnügen uns mit Schnorcheln, beobachten die kleinen Fische bei enormen Sichtweiten und die winzige Schildkröte, die die „Cenote Azul“ bei Akumal durchstreift. Der Fels über dem See bietet sich als Natur-Sprungbrett an; hier mischen sich Touristen, Einheimische und Nachkommen der Maya beim gemeinsamen Bad.

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Shopping ist Nebensache

Bei so vielen Naturerlebnissen spielt das Shopping, spielt die Stadt fast keine Rolle. Ein einziges Mal fahren wir mit dem äußerst praktischen „Colectivo“, dem allgegenwärtigen Sammeltaxi auf Yukatans Straßen, nach Playa del Carmen. Doch der Touristenzauber mit den „Flying Maya“ und den muskelstrotzenden Kraftprotzen am Strand lässt uns kalt. Lediglich die wunderschönen bunten Strandtücher und der leckere Tequila („anejo“, kein Vergleich zu den in hiesigen Supermärkten erhältlichen Varianten) lohnen den Besuch. Zu verlockend ist das Wasser in all seinen Facetten, zu verlockend der Strand, der Dschungel, die Natur, zu verlockend die Hängematte, die einen sanft ins Reich der Träume schaukelt – obwohl… man ist ja schon da – hier in Mexiko. (bb)

Wo die Schildkröte zum Abschied winkt: Abtauchen und Schnorcheln in Marsa Alam

30 Mai

Weg aus der eisigen Kälte des missratenen deutschen Frühjahrs, mitten rein in die Hitze Ägyptens. Unser Ziel, die Coraya Bay, liegt zwar am Meer, doch direkt hinter dem Hotel fängt die Wüste an, mit malerischen Bergen am Horizont. Temperaturen zwischen 30 und 38 Grad erwarten uns, dazu ein lebhafter Wind vom Meer her, der die Hitze erträglich macht.

Nasser Al-Kharafi sei Dank. Hat der 2011 verstorbene Unternehmer aus Kuweit doch dafür gesorgt, dass man ruckzuck von Stuttgart in das südliche Ägypten gelangen kann: Vor rund zwölf Jahren baute die Firma Al-Kharafis zwischen den am Roten Meer gelegenen Orten El-Quesir und Marsa Alam einen Flughafen, der für einen schnelleren Transfer von Touristen in die Region sorgen soll. Über den Airport Marsa Alam geht es stressfrei in den Urlaub. Obwohl jetzt, an Pfingsten, Hochsaison herrscht, laufen die Koffer schon übers Band, als wir im Flughafengebäude ankommen. Der Weg durch den Zoll ist im Handumdrehen durchlaufen, und schon wenige Minuten später sitzen wir in unserem Transfer-Bus.

Eine sensationelle halbe Stunde nach der Landung sitzen wir in der Lobby des Sol y Mar Solaya, das gemeinsam mit vier weiteren Hotels das „Madinat Coraya“ an der gleichnamigen Bucht am traumhaft schönen Roten Meer bildet, und checken bei einem pappig-süßen Cocktail gemütlich ein. Das Sol y Mar Solaya gehört mit gut 200 Zimmern zu den etwas kleineren ägyptischen Hotels – spätestens am zweiten Tag fühlt man sich wie ein Familienmitglied, das von den Angestellten mit dem Vornamen begrüßt wird. Hier ist jeder höflich; der Gast ist König, und eine Heerschar an Mitarbeitern sorgt dafür, dass es an nichts fehlt. Die Zimmer sind geschmackvoll eingerichtet, der Blick auf Pool und Meer perfekt. Die Klimaanlage funktioniert und kann sogar reguliert werden – keine Selbstverständlichkeit in südlichen Hotels! Das Essen ist ausgezeichnet, und wer es gerne schärfer hat, kann sich in der arabischen Ecke und aus den Tontöpfen mit diversen Gewürzen und Ölen bedienen.hotel-zimmer-blick1

Doch wer reist schon wegen des Essens ans Rote Meer? Der wahre Star ist das Wasser selbst. Wer will, kann im kuschelwarmen Poolwasser starten – dank einer Entsalzungsanlage gönnt man sich hier den Luxus eines Süßwasserbades. Früher oder später jedoch erliegt jeder dem Charme und der Faszination der Unterwasserwelt von Marsa Alam. Zwei Wege gibt es, diese in der Coraya Bay zu erkunden. Der erste führt an den Sandstrand, von dem aus man hunderte Meter weit durch seichtes Wasser waten kann, wobei die ersten kleineren Fische einem schon um die Füße flitzen. Wem das zu lange dauert, der lässt sich am weiter draußen gelegenen Steg ins Wasser plumpsen – Taucherbrille, Schnorchel und Flossen sind Pflicht, um die ganze Schönheit des Riffs zu erkunden.

Wer das erste Mal das Rote Meer erschnorchelt, hat das Gefühl, in ein Aquarium zu fallen. Bizarre Korallenformationen ragen meterweit vor dem Besucher auf, dazwischen tummeln sich die verschiedensten Fische – neugierige Papageienfische, Drückerfische, kleine Barrakudas, Blaupunktrochen, Fischschulen und – mit etwas Glück – eine echte Karettschildkröte, die elegant durchs 26 Grad warme Wasser gleitet, um an der Oberfläche Luft zu holen.

Wem es nicht reicht, den Artenreichtum des Roten Meeres via Schnorchel zu erkunden, taucht ganz einfach ab. Das Tauchcenter „Coraya Divers“ liegt zwischen den Hotels und steht unter deutscher Leitung. Täglich werden mehrere Tauchangebote für jeden Kenntnisstand angeboten. Ob Schnupper-, Anfänger- oder Fresh-up-Kurs, ob Hausrifftauchen oder Ausflug mittels Speedboat oder Tauchboot ab Port Ghalib: Hier kommt jeder auf seine Kosten. Die Organisation und der technische Zustand des Leihequipments ist top; lediglich bei den Kosten müssen wir etwas schlucken. Qualität hat halt ihren Preis – auch in Ägypten.

Nach vier Jahren Tauch-Abstinenz bringt uns Tauchguide Valentina aus Italien wieder auf den notwendigen Kenntnisstand, um gefahrlos abtauchen zu können. Bei einem ersten Tauchgang an der südlichen Riffkante entlang entdecken wir entzückt drei junge Napoleonfische, doch auch sonst hat das Hausriff viel zu bieten. Dennoch zieht es uns am übernächsten Tag weg von der Coraya Bay. Mit dem Bus geht es nach Port Ghalib, wo unsere Ausrüstung auf die „Seafun“ geladen wird. Mit dem Schiff geht es ein Viertelstündchen Richtung Süden zum Riff „Umm Elros“. Dort teilen sich Taucher und Schnorchler in verschiedene Gruppen. Dieses Mal haben die Schnorchler mehr Glück: Sie begegnen einer Gruppe großer Schildkröten, die sich beobachten und fotografieren lassen.

Auch ein paar Taucher einer anderen Gruppe haben die Tiere entdeckt, das berichten uns die Schnorchler später. Entgegen der eisernen Regel, dass unter Wasser nichts angefasst werden darf, drehen sie eine der Schildkröten „in Position“, um ein schönes Bild zu erhalten. Es ist immer wieder frustrierend, wenn man erleben muss, mit welcher Respektlosigkeit vor der Natur manche Mitmenschen aus reinem Egoismus das Gleichgewicht der Unterwasserwelt stören! Schade, dass die gutmütigen Tiere nicht mal kurz an den Unbelehrbaren geknabbert haben…

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Beim Dive-Spot „Shura“, der rund 40 Minuten Schiffsfahrt von Port Ghalib entfernt liegt, entdeckt ein Mittaucher eine große Riesenmuräne, die träge in der Riffwand hängt und darauf wartet, dass ihr Futter in Form von kleinen Fischen ins Maul schwimmt. Doch die Freude dauert nur kurz an. Schon wenige Minuten später schwimmt einige Meter unter uns eine fremde Tauchergruppe vorbei. Zwei der Gesellen veranstalten ein fragwürdiges Foto-Spektakel: Taucher 1 kniet sich mit einer zerfledderten Zeitung auf den Sandboden, während Taucher 2 sich mit der Kamera in Position bringt, wobei er rücksichtslos mit einem Knie den Korallenblock unter ihm schrammt. Frei nach dem Motto: Ich war ja schon hier, mir doch egal, was mit dem Riff passiert… Schade, dass man solchen Gesellen nicht an Ort und Stelle die Tauchlizenz entziehen kann!

Da man sich aber nicht den ganzen Tag nur mit Tauchen und Schnorcheln beschäftigen kann, sucht sich der Rote-Meer-Tourist natürlich auch noch andere Beschäftigungen. Zum Beispiel Wasserball spielen im Hotelpool. Weniger gefragt ist Step-Aerobic in der 35 Grad warmen Luft, doch zum Zumba unter freiem Himmel finden sich ein paar Damen, die sich zusätzlich ins Schwitzen bringen wollen (ich gehöre allerdings nicht dazu). Am Strand gibt es Boccia-Felder, auch Tennis könnte man spielen, wenn man wollte. Oder den dem Madinat angegliederten Wasserpark besuchen. Dort warten sechs große Rutschen auf unternehmungslustige Urlauber. Abends gibt es Live-Musik auf der Terrasse, eine Bühnenshow des Animationsteams und gelegentlich Disco für die jüngeren Semester. Ach ja – Fußball gab es auch: Das Champions-League-Finale live im Innenhof des Nachbarhotels, unter freiem Himmel und bei freien Drinks. Dort versammelten sich mehrere hundert Fußballfans und -interessierte, um zu jubeln und zu jammern. Die Jubler waren in der Überzahl – Bayern hat Schulferien.

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Nur rund sieben Kilometer von der Coraya Bay entfernt ist in den vergangenen Jahren eine künstliche Stadt auf dem Wüstenboden gewachsen: Port Ghalib, eine Mischung aus Feriensiedlung und orientalischem Traum, wurde ebenfallls von der „M.A. Kharafi Group“ aus Kuweit aus dem Boden gestampft, ein Projekt, das den Touristenboom in der Region voranbringen soll. Rund 1000 Yachten finden in der großzügigen Marina Platz; der Ort hat sich seit seiner Eröffnung vor acht Jahren zu einem Dreh- und Angelpunkt für Tauchsafaris entwickelt. Am Abend tobt rund um den Hafen das Leben. Hier wird Kaffee getrunken und Shisha geraucht, und eine Straßenfront weiter kann im Basar der Stadt gehandelt werden. Zahlreiche Hotels und Ferienresidenzen laden zum Aufenthalt ein – die Coraya Bay ist uns dennoch lieber als das Prestige-Objekt mit seiner eindrucksvollen Architektur.

Eine Woche Ägypten: Entspannung und Erlebnis pur. Am Tag unserer Abreise gleiten wir noch einmal mit dem Schnorchel am Hausriff entlang. Eine hübsche Karettschildkröte schwebt vor uns aus der Tiefe auf, dreht langsam ab, nur um einige Minuten später plötzlich wieder neben uns zu schwimmen. Eine schönere Verabschiedung kann man sich nicht wünschen. Rund neun Stunden später steigen wir in Stuttgart aus dem Flieger. Das Thermometer zeigt drei Grad, es regnet in Strömen. Für einen kurzen Moment möchten wir umdrehen und zurückfliegen. Unser Flugbegleiter lächelt milde: „Tut mir leid, das war der letzte Flug für heute…“

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