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„KAOS“ auf dem Olymp

31 Aug
(c) NETFLIX

2024 – Eigentlich ist das Wetter zu schön, um den Fernseher anzumachen. Doch es kann sich lohnen, die Neuerscheinungen im Streaming im Auge zu behalten. Frisch bei Netflix im Angebot: „Kaos“. Das verbirgt sich hinter dem Titel der achtteiligen Serie:
Ja, die griechische Mythologie hat es in sich: Da finden sich Geschichten, die die Fantasie jedes Soap-Opera-Schreibers sprengen. Mord, Totschlag, sexuelle Gewalt und ordentlich Tragik bilden die Regel und nicht die Ausnahme. Kein Wunder, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Buch- und Drehbuch-Autoren an mehr oder weniger zeitgemäße Modifikationen des Stoffes gewagt haben. Das neueste Werk im Netflix-Streaming heißt „Kaos“ und verlegt den Olymp und seine Bewohner in die Gegenwart. Die Serie greift in die Vollen, mixt Drama mit einer ordentlichen Portion Komik und Ironie.

Und, ach, die Götter sind doch auch bloß Menschen, oder? Der egozentrische Götter-Vater Zeus (Jeff Goldblum) ist ein miserabler Daddy für seine zahlreichen Kinder, seine kaltherzige Ehefrau Hera (Janet McTeer) lauscht gerne den Sünden der Sterblichen und verwandelt Nebenbuhlerinnen in Bienen, deren Honig sie genussvoll aufs Frühstücksbrötchen träufelt. Zeus‘ Sohn Dionysos (Nabhaan Rizwan), Partygänger und Lebemensch, sehnt sich nach der Anerkennung des Vaters und einer sinnvollen Aufgabe, und Meeresgott Poseidon (Cliff Curtis)… nun ja, auch er ist nicht gerade das, was man einen angenehmen Zeitgenossen nennt.

Drunten auf der Erde, unter den Sterblichen, geht es nicht besser zu. Den begnadeten Sänger Orpheus (Killian Scott) macht Show-Creator Charlie Covell (The End Of The F**king World) zum angehimmelten Rockstar, seine Ehefrau Eurydike (Aurora Perrineau) steckt in einer Liebeskrise, und Ariadne (Leila Farzad), die Tochter von Staatschef Minos (Stanley Townsend) steht wegen eines tragischen Ereignisses in ihrer frühesten Kindheit mächtig unter Druck.

Als am „Olympia“-Tag die Enthüllung eines den Göttern gewidmeten Kunstwerks Anrüchiges zutage fördert und den Zorn des Zeus auf sich zieht, als der Göttervater eine Falte auf der Stirn entdeckt und darin ein Zeichen für den Beginn der Erfüllung einer ungeliebten Prophezeiung zu erkennen glaubt, setzt sich das „Kaos“ in Gang. Die Schicksale von Menschen und Göttern verweben sich, die Geschichte nimmt Fahrt auf in eine unbekannte Richtung, immer kommentiert von dem zur Strafe für schlechtes Benehmen von Zeus an eine Felswand geketteten Prometheus (Stephen Dillane), der auf die Revolution hofft, während ein Adler ihm täglich aufs Neue die Leber aus dem Leib pickt…

Die nicht ganz mythologiegetreue, aber herrlich unterhaltsame Story besticht mit tollen Darstellern und Laune machenden Dialogen, ohne die Grausamkeit der Götter auszusparen. Flankiert wird das Ganze von einem Soundtrack, wie er besser nicht sein könnte – angefangen bei „Money for nothing“ von den Dire Straits über Abbas „Gimme Gimme Gimme“ und „The Passenger“ von Siouxsie & The Banshees sowie vielen weiteren Songs bis hin zu Ausflügen in die Klassik mit Musik aus dem „Barbier von Sevilla“. 

Ein besonderes Highlight bildet das von Orpheus-Darsteller Killian Scott selbst gesungene Stück „Eurydice“, das seine Serienfigur seiner Ehefrau und Muse widmet. Scotts Stimme geht sofort ins Ohr; die flotte Rock-Ballade stammt aus der Feder von Bastille-Sänger Dan Smith und hat echte Ohrwurm-Qualitäten.

Fazit: Fans des Genres und allen, die es werden wollen, sei „Kaos“ ans Herz gelegt – schon allein des großartigen Soundtracks wegen.

Anspieltipp: „Eurydice“